Islam und Säkular – passt das überhaupt zusammen?

Ob Islam und Säkularität zusammenpassen? Zweifel daran sind berechtigt, auch wenn man erfährt, dass die Hagia Sophia nun wieder in eine Moschee rückverwandelt wird. Als Kirche war sie im 6. Jahrhundert errichtet worden, im 15. Jahrhundert in eine Moschee umgewandelt. Immer war sie Ziel und Symbol von Kriegen, Plünderungen und Siegen. Nach dem 1. Weltkrieg sollte sie als Museum endgültig zum Symbol des Friedens unter den Völkern und Religionen werden. Nun wurde sie nach 80 Jahren als Museum vom Vorsitzenden der staatlichen Religionsbehörde Diyanet beim Freitagsgebet wieder als Moschee zurückerobert. Mit dem Schwert in der Hand demonstrierte er das „Schwertrecht“ des Siegers und verfluchte in seiner Rede die Zeit „zwischen den zwei Sultanen“, und damit die Republik und Atatürk.

Der Literatur-Nobelpreisträger Orhan Pamuk kommentierte dieses Ereignis mit den Worten: „Die Umwandlung heißt der restlichen Welt mitzuteilen, dass die Türkei kein laizistisches Land mehr ist. Millionen von Menschen in der Türkei sind dagegen, doch ihre Stimmen werden nicht gehört.“ Das ist wohl nicht nur in der Türkei so. Die Stimmen der säkularen Menschen sind in der ganzen islamischen Welt mehr als leise, aus Angst vor der politischen Macht ultra-orthodoxer Muslime. Und in Deutschland? Das Auswärtige Amt revidierte die Berufung von Nurhan Soykan, stellv. Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, zur Beraterin von Heiko Maas, für das seit 2016 bestehende Projekt „Religion und Außenpolitik“, weil sie den Vorwurf, antisemitische und islamistische Positionen zu unterstützen, nicht entkräften kann. Nach heftigen Protesten – vor allem von Muslimen -ruht das Projekt „Religion und Außenpolitik“ erst einmal. Das ist eine gute Nachricht. Zeigt sie doch, dass in Deutschland die säkularen Stimmen durchaus etwas erreichen können.

In unserer Online-Veranstaltung geht Dr. Lale Akgün der Frage nach, ob der Islam überhaupt mit Säkularität und unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung kompatibel ist. Sind die säkularen Stimmen nur der „verlängerte Arm des Westens“ – wie es orthodoxe Muslime gern formulieren? Gibt es eine Alternative zum politischen Islam oder müssen wir hinnehmen, dass islamische Parteien und Verbände ihr Ziel eines islamischen Staates verfolgen

Nachlese: Lale Akgün beim Säkularen Forum in Hamburg

Einen spannenden Abend bot am 13. Februar unsere Vorsitzende Lale Akgün zirka 50 Zuhörer- und schauer*innen auf Einladung des Säkularen Forums Hamburg e.V. im Kulturzentrum Barmbek°Basch. Was als eine Lesung aus ihrem Buch „Platz da – Hier kommen die aufgeklärten Muslime“ angekündigt war, entpuppte sich als eine ausgesprochen ernsthaft-kurzweilige Revue über die muslimische Szene in unserem Lande. Schon der Auftritt einer solch lebendigen mit Charme und Witz und Sachverstand ausgestatteten Muslima möchte manche irritieren, die vielleicht allzu wohlfeilen Stereotypen anhängen. Anhand ihres reichen beruflichen Erfahrungsschatzes als promovierte Psychologin und Therapeutin, sowie den Erlebnissen aus zwei Legislaturperioden als Kölner Abgeordnete für die SPD im Bundestag, wusste sie politisch und persönlich die muslimischen Realitäten in unserem Lande darzustellen. „Nachlese: Lale Akgün beim Säkularen Forum in Hamburg“ weiterlesen

Säkulare Sozis Tübingen: Islam und säkularer Staat – ein Widerspruch?

Auf Einladung des Arbeitskreises der Säkularen Sozis in Tübingen, widmete sich unsere Bundessprecherin Lale Akgün am 4. Juni der Frage „Islam und säkularer Staat – ein Widerspruch?“ Über diesen gut besuchten Abend in der „Hirsch-Begegnungsstätte“ berichtete auch das Schwäbische Tagblatt.

Viele wissen zu wenig über den Islam und oft prägen ausschließlich konservative wie orthodoxe Muslime die Vorstellungen über diese durchaus vielfältige Religion.

„Wussten Sie, dass es gläubige Muslime gibt, die
mit einem Glas Schnaps auf Gott anstoßen? Die nicht fünfmal am Tag beten, sondern beim gemeinsamen Essen Gottesdienst feiern?“, bezog sich Lale Akgün auf den Bektaschi-Orden, der einen sufistischen Islam auslegt wie auslebt.

Säkulare und liberale Musliminnen und Muslime würden ebenso oft nicht wahrgenommen, weil sie sich mit Kritik an der Religion oder vorgegeben Glaubensvorschriften eher zurückhielten. Diese begehen, wie viele säkulare Deutsche, nur die Familien- wie Feiertagsrituale. Für sie sei Religion mehr Privatsache, Rechtsstaatlichkeit ein hohes Gut und über die Vorteile eines säkularen Staates, der Staat und Religion trennt, seien sich diese sehr wohl bewusst.

_c_Fakler

Solange jedoch der deutsche Staat immer noch als „semisäkulares“ System agiere und die Privilegierung von Kirchen vorherrsche, werde man auch über kurz oder lang dieselben Rechte dem Islam gewähren müssen. Ohne eine grundlegende Anpassung des Religionsverfassungsrechtes, Reformen in der Bildungs- wie Arbeitsrechtspolitik, die Schluss machen mit traditionellen Sonderrechten, die nicht allein den inneren Ethos der Religionsgemeinschaften betreffen, lassen sich Ausnahmeregelungen für den politischen Islam nur schwer begründen.

Der Widerspruch zwischen dem säkularen Staat und dem Islam lässt sich folglich aufheben, wenn Säkularisierungsprozesse von Religionen selbst mehr in den Blick genommen und politisch die richtigen Schlüsse gezogen werden. Diese sollten mehr gleichberechtigte Verhältnisse von Religionen und Weltanschauungen berücksichtigen, wie auch offen für vielfältige Erscheinungen der religiösen Praxis und unterschiedliche Sozialformen von Religionen sein.

Moderiert wurde der Abend von der ehemaligen Landtagsabgeordneten und Genossin Rita Haller-Haid, die betonte, dass sich der Arbeitskreis nicht nur an SPD-Mitglieder und Atheisten richte.

Platz da! Jetzt kommen die säkularen Muslime nach Hessen?

_c_cschubert

Anlässlich der Buchpräsentation von Lale Akgüns „Platz da! Jetzt kommen die aufgeklärten Muslime“ (2018), hatten die Säkularen Sozis Frankfurt in Kooperation mit den Ortsvereinen Bahnhof/Gutleut und Gallus in den Saalbau Gallus eingeladen.

Mit organisiert hatte diesen Abend auch der integrationspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion und Abgeordnete aus Frankfurt, Turgut Yüksel.

Lale Akgün stellte die 10 Thesen ihres Buches in den Vordergrund, die sich deutlich für die Unterscheidung zwischen den gläubigen Menschen, die aufgeklärt sein und ihre Religion als absolut ansehen können und den Strukturen wie Institutionen, die dies nicht seien sowie Veränderungen unterlägen, plädierten. Eine Reform und zeitgemäße Interpretation des Islams könnten nur gelingen, wenn die Menschen diese vorantreiben würden, gerade auch die religiösen Menschen, die sich als liberal, demokratisch und weltoffen verstehen. Diese Menschen sind es gerade nicht, die von konservativen Islamverbänden angesprochen werden, geschweige denn sich in diesen organisieren.

_c_cschubert

Turgut Yüksel gab zu den kursierenden 20% der Musliminnen und Muslime, die in den Islamverbänden organisiert sind, noch einmal 10% dazu, um Familien wie Sympathisant*innen zu berücksichtigen, fragte dann aber, was mit den restlichen 70% der Menschen aus Ländern mit islamischer Religion sei? „Platz da! Jetzt kommen die säkularen Muslime nach Hessen?“ weiterlesen

Säkulare Sommertour: Veranstaltungen in Frankfurt, München, Tübingen und Mainz

_c_Volker Glasow

Nach unserem Bundestreffen in Hannover, wollen wir an mehreren Orten die Gelegenheit bieten, uns kennenzulernen und mitzumachen. Lale Akgüns Vortrags- und Lesereise wird deshalb an ausgewählten Orten Anlass für Landes- und Mobilisierungstreffen sein.

Wir starten im Mai in Frankfurt, wo wir mit Aktiven aus SPD-Ortsvereinen und dem Landtagsabgeordneten Turgut Yüksel einen Gesprächsabend gestalten. Im Juni und Juli wollen wir  die Gründung von Gruppen in Bayern wie Rheinland-Pfalz anregen, damit das Engagement vor Ort weitergehen kann. Schließlich ist die die Selbstorganisation wie politische Unterstützung säkularer Musliminnen und Muslime nur ein Thema, das Säkulare Sozis umtreibt.

Lale Akgün beschreibt in ihrem neuesten Buch „Platz da! Hier kommen die aufgeklärten Muslime“ (2018) die Gesichter des politischen Islams und Mechanismen, die dazu führen, dass orthodoxe Strömungen ihren Einfluss ausweiten. Sie reflektiert gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die einen liberalen Islam begünstigen würden, und fordert einen säkularen Staat, in dem alle Religionen ihren Platz haben und gleichberechtigt behandelt werden, aber nicht das öffentliche Leben bestimmen können.

15. Mai, Frankfurt/Hessen

Seminarraum 1, Saalbau Gallus, Frankenallee 111, 60326 Frankfurt am Main

18.00 Uhr: Landestreffen Säkulare Sozis, mit Lale Akgün und Adrian Gillmann

19:30 Uhr: Säkulare Muslime und aufgeklärter Islam? Impulsvortrag von Dr. Lale Akgün und Gespräch mit dem Landtagsabgeordneten und integrationspolitischen Sprecher Turgut Yüksel

3. Juni, München/Bayern

Kulturkeller Schwabing, 84 GHz – Raum für Gestaltung, Georgenstraße 84, 80799 München

18.30 Uhr, Mobilisierungstreffen Säkulare Sozis, mit Lale Akgün

20.00 Uhr Lesung : Platz da! Hier kommen die aufgeklärten Muslime, Lesung und Diskussion

4. Juni, Tübingen/Baden-Württemberg

Hirsch-Begegnungsstätte, Hirschgasse 9, 72070 Tübingen
18:00 Uhr: Midissage: Istanbul und seine Menschen (Ahmed Arpad)
19:30 Uhr: „Islam und säkularer Staat – ein Widerspruch?“, mit Lale Akgün

 

4. Juli, 18.00 Uhr, Johannes Gutenberg Universität, Mainz
Platz da! Hier kommen die aufgeklärten Muslime, Lesung und Diskussion – eine Veranstaltung der GBS Mainz/Rheinhessen

20.15 Uhr, Mobilisierungstreffen der Säkularen Sozis im „Baron„, Johann-Joachim-Becherweg 3, 55128 Mainz, mit Lale Akgün und Adrian Gillmann

Vielfalt ist anstrengend – Wie ungewollt Islamisten das Feld bereitet wird

_c_privat

Ein Gastbeitrag von Sigrid Hermann-Marschall, Bloggerin, Sozialdemokratin und Islamismus-Expertin.

Der Fall eines Imams, der an einer Düsseldorfer Kita Kindern etwas über den Islam beibringen soll, erregt derzeit die Gemüter. Der Grund dafür ist, dass der Imam bis in jüngste Vergangenheit öffentlich erkennbar vielfach radikale Haltungen zeigte, in Form von Teilen der Inhalte extremistischer Akteure sowie antisemitischer Karikaturen auf seiner Facebook-Seite. Guter Rat ist nun teuer, denn das Vorhaben war breit medial angekündigt worden. Wie in vielen Kommunen wurde nicht genau hingesehen, mit wem man es tatsächlich zu tun hatte. Parallel laufen Diffamierungskampagnen gegen die Autorin, die den Fall aufdeckte. Dieser und einige andere Fälle zeigen auf, welcher Werkzeuge sich der politische Islam bedient, um seine Claims abzustecken.

Die Diakonie Düsseldorf verkündete Anfang März, dass zukünftig wegen des Anteils muslimischer Kinder auch ein Imam an ihre Kita in der Steubenstraße im Stadtteil Reisholz gehen solle. Medien griffen die Meldung breit auf, es wurde freundlich, aber ohne Nachfragen berichtet. Der Imam war vom Kreis der Düsseldorfer Muslime (KDDM) empfohlen worden. Das ist ein Düsseldorfer Dachverband muslimischer Gemeinden, der in der Stadtpolitik dank ambitionierten Eigenmarketings ausschließlich positiv dargestellt und wahrgenommen wird. Der Verband ist eine Art Interessenvertretung muslimischer Gemeinden und umfasst Einrichtungen und Akteure verschiedener Ausrichtungen.

Diese Art der Komplexität muslimischen Lebens erfordert jedoch ein genaues Hinsehen, denn unter den vertretenen Mitgliedern sind neben jenen konservativer und fundamentalistischer Ausrichtung auch solche mit extremistischen Bezügen. Von einer konservativen Politikerin und einem konservativen Regional-Portal abgesehen, verharrten Lokalpolitik und örtlichen Medien drei Wochen lang in einer Art Schockstarre, nachdem die radikalen Sichten des Imams aufgedeckt wurden. Die beiden Akteure zeichnet aus, dass sie langjährig mit dem Feld vertraut sind: Informiertheit schafft Parkettsicherheit. Mittlerweile sind zwei örtliche Medien involviert. Die Verfasserin wurde nicht, wie es eigentlich üblich ist, im Vorfeld der Berichterstattung befragt oder konfrontiert. Stattdessen gab die Berichterstattung nur die Sicht der Diakonie und des KDDM wieder, die sich unbeeindruckt von den problematischen Inhalten zeigten: Sie wollen an dem Imam festhalten ungeachtet seiner gezeigten Haltungen. Bekundungen, die der Imam eilig löschte, als der öffentliche Blick sich darauf richtete, und der sich quasi neu erfand. Nur dieses neue Bild wurde aufgegriffen, ein Journalist sprach sogar von „dünnen Belegen“ – Belegen, die er in Gänze gar nicht mehr öffentlich sichten konnte, weil sie verschwunden sind, und er sie auch nicht bei mir nachfragte. Garniert wurden die Artikel mit einigen oberflächlichen und rufschädigenden Einstufungen zur Person, die aufdeckte (die Verfasserin) und jenen, die die gelöschten Inhalte thematisierten. So wurde die Autorin als „Islam-Kritikerin“ diffamiert; eine Redaktion verstieg sich sogar zu der falschen Behauptung, sie sei eine „Ex-SPD-Frau“. Wie kommt so etwas nun? „Vielfalt ist anstrengend – Wie ungewollt Islamisten das Feld bereitet wird“ weiterlesen

Kleines Positionspapier zur großen Islamdebatte: Antrag für das Bundestreffen 2018

Bei seinem jährlichen Treffen verabschiedete der Bundesprecherinnenkreis sein „kleines Positionspapier zur großen Islamdebatte, damit das geplante Bundestreffen in Köln dieses Papier verabschieden kann.

Konzentrierter Gedankenaustausch

Kleines Positionspapier zur großen Islamdebatte

  1. Vorbemerkungen

Die Aktuelle Debatte, ob „der“ „Islam“ zu „Deutschland“ „gehört“, halten wir Säkularen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für ungenügend, denn nach Jahren öffentlicher Debatten fehlen immer noch wichtige Impulse für die Weiterentwicklung unseres freiheitlich-pluralistischen Gesellschaftsprojekts.

Dem Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“ kann von uns nur bejaht werden, wenn mit dem Wort „Islam“ der in unserer Gesellschaft gelebte Islam und mit Deutschland die gegenwärtige gesellschaftliche Dynamik in Deutschland gemeint sind. Alle Feststellungen sind, wie die Sache selbst, dem kommenden historischen Wandel unterworfen, denn „die Zukunft ist offen“ (Hamburger Programm). „Kleines Positionspapier zur großen Islamdebatte: Antrag für das Bundestreffen 2018“ weiterlesen