Ein Interview mit dem Inhaber der neuen Stiftungsprofessur für Religionswissenschaft und Religionskritik, Horst Junginger.
An der Universität Leipzig wurde eine neue Stiftungsprofessur für Religionswissenschaft und Religionskritik eingerichtet. Ziel ist es die wissenschaftliche, nüchterne und positive Kritik von Religionen zu betreiben, ohne Religionsfeindschaft zu propagieren. Der suspendierte Priester und Autor Adolf Holl, der als „innerer Kritiker“ der katholischen Kirche wirkt, stiftete die Professur, was anfangs gar nicht so einfach war, wie unter anderem der Deutschlandfunk berichtete.
Der Religionswissenschaftler Horst Junginger, der zuvor Vertretungsprofessuren in Tübingen und München innehatte, wird ab dem Sommersemester Veranstaltungen zu Religionskritik, dem Blasphemieverständnis im Wandel der Zeiten und anderen Themen anbieten.
Herr Junginger, der Stifter Ihrer Professur, der Kirchenkritiker Adolf Holl, hat die Einrichtung einer Stiftungsprofessur für Religionskritik als „Kreuzweg“ bezeichnet. Sehen sie das ähnlich?
Ja, und man muss sich darüber wundern, dass namhafte Universitäten auf sein Angebot reagiert haben, als handle es sich um saures Bier. In Deutschland gibt es mittlerweile über tausend Stiftungsprofessuren. Fast alle stammen von Wirtschaftsunternehmen. Nun kommt einer, der absolut keine ökonomischen Interessen verfolgt, ein Philanthrop wie er im Buche steht, und er braucht fünf lange Jahre und fünf Anläufe, um sein Geld loszuwerden. Das ist schon ziemlich merkwürdig.
De facto lag die Ablehnung in dem Wort „Religionskritik“ begründet. Ein hochrangiger Vertreter der Universität München, an der ich sechs Semester Vertretungsprofessor für Religionswissenschaft war, nannte expressis verbis die Angst vor der katholischen Kirche und einer von ihr losgetretenen öffentlichen Debatte als Grund. Auch in Wien und Tübingen wurde schnell klar, dass man den Vorwurf der Religionsfeindschaft fürchtete. An diesen drei Universitäten bestehen mehr als hundert Theologieprofessuren, die orthodoxe und islamische Theologie nicht eingerechnet. Also ein schwieriges Umfeld, um es vorsichtig auszudrücken. So wie die nichtkonfessionelle Religionswissenschaft früher als Gefahr für das Christentum angesehen wurde, so geht es heute der religionswissenschaftlichen Religionskritik. „Neue Stiftungsprofessur in Leipzig: Religionskritik als Gesellschaftskritik?“ weiterlesen