Säkulare SPD-Aktive in Hamburg

Kurzbericht aus Hamburg

Seit einem Jahr hat sich eine Gruppe von säkular orientierten Genossinnen und Genossenen gefunden. Ein Vorstoß beim Landesvorstand der Hamburger SPD mit dem Ziel einen Ak (Säkulare/Laizisten o.ä.) einzurichten wurde mit einem Gesprächsangebot beantwortet. Die stellv. Landesvorsitzende und der Schatzmeister wurden zu einem Gespräch mit uns beauftragt. Kern der Ansage kein eigenständiger AK, ohnehin sei die Entwicklung auf Bundesebene mit immer neuen religionsbezogenen Arbeitskreisen der falsche Weg. Wir sollten uns mit dem in Hamburg bestehenden Ak „Kirchen und Religionsgemeinschaften“ (Ak K&R) zusammen und auseinander setzen. Der hatte sich nach allmählich entschlafenem Ak Kirchen vor vier Jahren neu konstituiert.

Auftrag: Den AK so entwickeln, dass er dem Anspruch gerecht wird, sozialdemokratische Antworten auf ethische Zeitfragen zu suchen und sich dabei mit den verschiedensten religiösen, säkularen Strömungen auseinanderzusetzen. Der Bezug auf (einzelne) Kirchen oder Religionsgemeinschaften im Namen von sozialdemokratischen Arbeitskreisen auf Bundesebene sei ohnehin aus Hamburger Sicht problematisch. Hier wolle man diesen Weg nicht mitgehen.

Dieser bei uns akzeptierte Ansatz führte zu zwei Gesprächen mit dem „Vorbereitungskreis“ des AK K&R, um Gemeinsamkeiten auszuloten. Ein Vorschlag unsererseits, als erstes Signal den Ak-Namen in „Religionen und Weltanschauungen“ zu ändern, fiel nicht auf fruchtbaren Boden (noch nicht?). Wir haben uns verständigt, zunächst säkulare Themen in das Veranstaltungskonzept einzubringen.

Ein besonderes Problem (?) Hamburgs ist, dass es bei uns kein durchkonfessionalisiertes Schulwesen wie in anderen Bundesländern gibt, dass der Konfliktpunkt staatliche Religionsfinanzierung aus der Säkularisierungsentscheidung im frühen 19. Jh. (GG Art. 138 (1) in Hamburg keine bedeutende Rolle spielt. Selbst der staatliche Religionsunterricht („R. für alle in evangelischer Verantwortung“, so der genaue Titel in HH) bezieht seit kurzem Juden, Muslime, Aleviten u.a. in die Lehrplangestaltung und auch als Lehrer mit ein – mit dem besonderen Ziel, die Schulklassen im Religionsunterricht nicht nach Konfessionen aufzuteilen. Aber natürlich gibt es auch in Hamburg zahlreiche Privilegien für die beiden Großkirchen. Die jüngsten Mitglieder der Staatsvertrags-Religionen möchten natürlich auch an diesen Segnungen teilhaben.

Die im Stadtstaat dramatisch sinkende Bindung an Kirchen und traditionelle Religionsgemeinschaften ist indes Motiv genug, ausdrückliche säkulare Interessen in der Partei zu artikulieren. Die SPD muss glaubhaft versichern, dass sie die Interessen der nicht-religiösen Mitglieder in Wertefragen in der Partei sich genauso artikulieren lässt, wie derer mit religiösen Bindungen. Immerhin schwur über die Hälfte der Landesregierung ihren Amtseid ohne Gottesbezug.

Wir haben noch einen spannenden Weg vor uns, vermutlich auch einen langen.

Als Hintergrundinformationen sollte festgehalten werden, dass Hamburg seit 2004 Staats – Kirchenvertrags – Bindungen mit der evang.-lutherischen und der römisch-katholischen Kirche, den Juden, den Muslimen und den Aleviten abgeschlossen hat. Die säkularen Gruppierungen Humanistischer Bund, Giordano-Bruno-Stiftung, Stiftung Geistesfreiheit, Jugendweihe-Hamburg u.a.m. haben sich jüngst zu einem „Säkularen Forum Hamburg“ zusammengeschlossen, um öffentlich eine größere Resonanz zu erreichen( http://www.sf-hh.org/ ).

Ulla Wolfram, Gerhard Lein

Laizistischer Blog für Baden Württemberg

Das Laizistische Landestreffen am 21. Oktober  in Baden-Württemberg brachte neben einigen inhaltlichen Anträgen auch technische Neuerungen mit sich. Die sozialdemokratischen LaizistInnen Baden-Württemberg betreiben einen Blog, auf dem sämtliche wichtigen Positionen, Termine und Aktuelles veröffentlicht werden:

http://laizistenspdbw.wordpress.com/

Hier folgt die Landesgruppe den Aktivitäten des Arbeitskreises in Heidelberg, der schon seit einigen Wochen einen entsprechenden Blog eingerichtet hat.

http://laizistenspdhd.wordpress.com/

An inhaltlichen Anträgen wurden ein Positionspapier zur Theoriedebatte eines europäisch-deutschen Laizismus, ein Antrag zur Umsetzung des Ethikunterrichtes in Baden-Württemberg, für die Abschaffung eines Sonderweges des Arbeitsrechtes kirchlicher Träger sowie Leitlinien für einen kulturwissenschaftlichen Unterricht über Religionen und Kulturen verabschiedet.

Laizismus im 21. Jahrhundert!? Politisch, programmatisch, progressiv!

Der AK in Heidelberg meldet sich hinsichtlich der Debatten hinsichtlich eines theoretischen Laizismus zu Wort, welcher in Deutschland zumeist negativ, mit Blick auf die laizistisch-politischen Strömungen des 19. Jahrhunderts betrachtet wird. Als „Ismus“-Anhänger ist demnach der Laizist ein ideologischer Kämpfer eines „antireligiösen Staates“, oder einer dezidiert „antireligiös-weltanschaulichen“ Politik. Diese zumeist von theologischen wie kirchenhistorischen AutorInnen vertretene Lesart lässt bloß Platz für eine positive Laizität, die sich als Entwicklungsprozess der staatlichen Organisation von Recht, Erziehung und Bildung in Unabhängigkeit von Religion(sgemeinschaften) verstehen darf. Dem steht ein politischer Laizismus entgegen, der sich als zu gestaltende programmatische und progressive Aufgabe begreift. Ein Laizismus, der sich seine Ziele selbst bestimmt, sich von der Deutungshoheit seiner Gegner befreit.

Ein Antrag für das Bundestreffen im November in Berlin ist in Arbeit, der die drei Leitlinien eines politischen, programmatischen und progressiven Laizismus des 21. Jahrhunderts als politischen Gestaltungsauftrag formuliert.

1. Politischer Laizismus: Weniger als eine Weltanschauung und mehr als eine abstrakte Theorie bezieht sich ein politischer Laizismus auf das politische Handeln, versucht die Verhältnisse von Staat und Religion(en) als politische Prozesse zu begreifen. Diese gilt es kritisch und unter der größtmöglichen Neutralität und Autonomie des Staates zu gestalten. Die Privilegierung bestimmter Religionsgemeinschaften sowie die Verwechslung von Religion mit Politik sind abzulehnen.

2. Programmatischer Laizismus: Neutralitätsgebot und die (negative) Religionsfreiheit sind Prinzipien, die ein politischer Laizismus über die Gestaltung eines Programmes von Alternativen und Reformen der Verhältnisse in Bereichen wie Bildung, Recht, Finanz- und Kulturpolitik zu erreichen sucht. Dabei vertritt Laizismus ebenso die Interessen und Themen Religions- wie Konfessionsloser, von AtheistInnen und HumanistInnen, wie die Durchsetzung der Grundanliegen de jure wie de facto. Beispielsweise innerhalb verfassungs- wie staatsrechtlicher Verhältnisse oder mittels Forderungen um eine alternative, staatliche Religionskunde.

3. Progressiver Laizismus: Laizistische Politik und Programmatik bezieht sich nicht bloß auf die bestehenden Verhältnisse, sondern arbeitet auf eine größtmögliche Verwirklichung ihrer Ziele hin. Diese hat zu berücksichtigen, dass sich sowohl die sozialen Verhältnisse in Bezug auf Religionsgemeinschaften und ihre Sozialformen ändern als auch die Interessen von Konfessionslosen, AtheistInnen und HumanistInnen weder immer übereinstimmen noch immer klar bestimmt sind. Laizismus bleibt damit ein sich immer wieder aktualisierender und folglich progressiver Gestaltungsauftrag.

Diese grundlegenden Aspekte eines politischen, programmatischen und progressiven Laizismus sollen einen orientierenden Rahmen bieten, damit die einzelnen Themenfelder, Herausforderungen und Interessen als ein laizistisches Programm, eine laizistische Positionierung verstanden werden können.

Näheres ab Heute auch gebloggt: http://laizistenspdhd.wordpress.com/

Drittes Laizistisches Landestreffen Baden-Württemberg (LaiLa)

Laizistisches Landestreffen Baden-Württemberg (LaiLa)

Termin: 21. Oktober 2012 , 13 Uhr – 17 Uhr

Ort: Griechische Taverne an der Bergbahn, Zwingerstr. 20, 69117 Heidelberg

Die sozialdemokratischen LaizistInnen Baden-Württemberg laden aus aktuellem Anlass zum dritten Landestreffen nach Heidelberg ein. Neben den Wahlen von Landessprechern und KandidatInnen für die Erweiterung des BundesprecherInnenkreises gibt es mit Anträgen um das Verständnis eines europäisch-deutschen Laizismus sowie eine kulturwissenschaftliche Religionskunde wichtige Themen zu besprechen. Wie verstehen wir einen europäisch-deutschen Laizismus des 21. Jahrhunderts? Gibt es eine konstruktive Alternative zu „religiösem Unterricht“ sowie der bisherigen Lösung des Ethikunterrichtes in Baden-Württemberg?

Unser Bundessprecher Nils Opitz-Leifheit wird über die Ereignisse auf Bundesebene sowie das geplante Bundestreffen berichten und der AK-Sprecher Marc Mudrak über die Arbeit und Veranstaltungen des ersten parteilich anerkannten Arbeitskreises auf Kreisebene, der sich im Mai 2012 in Heidelberg gegründet hat.

Des Weiteren stehen Vorbereitungen für das Bundestreffen im November, Organisatorisches wie ein Leitthema für 2013 und künftige Treffen, Diskussionen um gesellschaftliche Streitfragen wie Grundrechte kontra religiöse Praktiken, Kulturabgabe als „sekundäre Kirchensteuer“ und Blasphemie- Gesetze sowie nicht zuletzt die Feier der AK-Gründung zur Debatte.

AktivistInnen, SympathisantInnen, AtheistInnen, HumanistInnen, Kritische, Freidenker und Freunde des politischen Laizismus hört die Signale.

Die Landessprecher,

Lukas Kurz und Adrian Gillmann

TOPs

1. Begrüßung

2. Bericht des Bundessprechers

3. Bericht von der Landesebene und Gründung AK Heidelberg

4. Wahlen von LandessprecherInnen und Bundessprecher-KandidatInnen

5. Anträge

6. Organisatorisches

7. Sonstiges

8. Feier der Anerkennung des Heidelberger AK

AK-Treffen „Religion und Schule in Baden-Württemberg“

Nur wenige Tage nach der offiziellen Anerkennung des AK LaizistInnen begann die inhaltliche Arbeit. Thema des AK-Treffens am 27. Juni 2012 in Heidelberg war „Schule und Religion in Baden-Württemberg„. Input kam von Michael Rux, ehemaliger Leiter einer christlichen Gemeinschaftsschule und aktiv in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Rux erklärte die aktuelle Situation der Schulen mit einem Rückgriff auf die Geschichte. Demnach ist der konfessionelle Religionsunterricht in den Schulen ein Relikt der Nachkriegsjahre. Bis heute betritt der Lehrer den Klassenraum für den Religionsunterricht nicht wie sonst als Staatsbeamter, sondern als kirchlich gebundener Verkünder von konfessionellen Glaubenswahrheiten. Das Kreuz in den Schulen ist zwar nicht obligat, aber in größeren Teilen des Landes noch Gang und Gäbe. Bis heute werden Kinder nach religiösen Kriterien für den Religionsunterricht getrennt, anstatt gemeinsam über Religion informiert und aufgeklärt. Anhand weiterer Beispiele erläuterte Rux auch in der folgenden Debatte, warum in den Schulen Baden-Württembergs die Trennung von staatlicher Erziehung und religiöser Trennung und Indoktrination noch lange nicht verwirklicht ist. Ein weiterer Rückschritt droht nun durch die reformierte Gemeinschaftsschule der grün-roten Regierung. Denn auch diese bleibt „christlich“ und das nicht nur im Namen, sehr zur Freude der Kirchenfunktionäre. Der AK greift Anregungen dieses Abends auf und bereitet einen programmatischen Antrag für die Verwirklichung der Trennung von Staat und Kirche in den Schulen vor, der in die SPD eingebracht werden wird.

 

Debatte um die religiöse Beschneidung von Kleinkindern

Pressemitteilung des Gesprächskreises der laizistischen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zur Debatte um die religiöse Beschneidung von Kleinkindern:

Mit Unverständnis reagiert der Gesprächskreis der laizistischen Sozialdemokrat_innen in Hessen auf die schrillen Töne in der öffentlichen Debatte, mit denen nach dem Kölner Urteil zur rituellen Beschneidung von Jungen offenbar eine ausdrückliche gesetzliche Erlaubnis dieser religiösen Tradition erzwungen werden solle.

„Davon, dass angesichts des Urteils, wie behauptet worden ist, in Deutschland jüdisches Leben nicht mehr möglich sei, kann keine Rede sein“, erklärt Franziska Böhm, Sprecherin des Kreises. Es gehe bei dem Verbot nicht um die Verhinderung eines religiösen Bekenntnisses und dessen praktische Ausübung, sondern allein um die Durchsetzung des Rechts auf Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit der Kinder.

„Die Religionsfreiheit, auf die sich die Befürworter_innen der Beschneidung im Kindesalter berufen, gilt auch und insbesondere für die Betroffenen selbst. Die Praxis der rituellen Beschneidung ohne persönliche Einwilligung der Jungen erfüllt nicht nur den Tatbestand einer Körperverletzung, sondern missachtet auch deren Recht auf freie Wahl des religiösen Bekenntnisses: An ihrem Körper wird eine unumkehrbare Operation durchgeführt, die religiös motiviert ist“, ergänzt Böhms Amtskollege Matteo Minden und bezieht sich damit auch auf Artikel 14 der von Deutschland ratifizierten UN-Kinderrechtskonvention, der Kindern besagte Religionsfreiheit garantiert.

Aus diesem Grund sei die von den Bundestagsfraktionen von Union, FDP, Grünen und SPD eilig angestrebte gesetzliche Regelung der Beschneidung, die den Forderungen der Befürworter_innen entsprechen solle, nichts als ein schnelles Einknicken vor klerikalen Besitzstandswahrern, und einer aufgeklärten Gesellschaft unwürdig, so die hessischen Laizist_innen weiter.

Der Gesprächskreis der laizistischen Sozialdemokrat_innen kritisiert auf das schärfste die Haltung des SPD-Parteivorstandes und appelliert eindringlich an die SPD und ihre Fraktion im Bundestag, die Neutralität des Staates gegenüber den Glaubensgemeinschaften zu wahren und diesen unsäglichen Gesetzesentwurf abzulehnen. Weitaus sinnvoller sei es, würde sich das Bundesverfassungsgericht mit dieser strittigen Frage zu befassen, um juristische Klarheit zu schaffen.

Erklärung zum Beschneidungsurteil

Der AK LaizistInnen in der SPD Heidelberg begrüßt das Urteil des Kölner Landgerichts zur Beschneidung von männlichen Kindern. Religiös motivierte Beschneidungen sind eine Körperverletzung und als solche strafrechtlich zu ahnden. Wir werben für eine gesetzliche Neuregelung, die religiöse Körperverletzungen an Kindern für alle gleich verbietet. Auf der Basis des Grundgesetzes wenden wir uns damit auch gegen rechtsfreie Räume für Religionen. Religiöse Traditionen dürfen keine anarchischen Reservate bekommen – das Gesetz der Republik muss immer und für alle gleich gelten.

Die Beschneidung von Kindern berührt Grundrechtsfragen: Das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und das Recht des Kindes, selbst (später) über seine religiöse Zugehörigkeit oder nicht-Zugehörigkeit zu entscheiden. Dem stehen die Religionsfreiheit der Eltern und das elterliche Recht auf religiöse Erziehung entgegen. In diesem Konflikt bewerten wir den Schutz des Kindes und dessen Religionsfreiheit höher. Mit dieser Haltung unterstützen wir den modernen Rechtsstaat und ziehen diesen der Traditions-Argumentation religiös angeblich unvermeidlicher Praktiken vor. Die Grundlage für das Recht und somit das Zusammenleben in unserer Gesellschaft bildet das Grundgesetz – und nicht alte religiöse Gewohnheiten, die gegen Grundrechte verstoßen.

Wir begrüßen die aktuelle Debatte und laden alle Seiten zu einem offenen und fairen Austausch ein. Dabei sehen wir eine große Motivation für alle LaizistInnen und Säkulare, sich zusammen zu finden. Wir prangern den sozialen Druck in Religionsgemeinschaften an, deren Angehörige sich unter indirekter Androhung der „Exkommunikation“ bestimmten Praktiken unterwerfen sollen. Doch in muslimischen und jüdischen Religionsgemeinschaften stoßen Beschneidungen auch auf Ablehnung und Unverständnis. Wir unterstützen alle, die in Religionsgemeinschaften gegen diesen Druck ankämpfen und sich gegen die Beschneidung von Kindern wenden. Der AK LaizistInnen in der SPD Heidelberg will dieses Potential an kritischem Nachdenken und aufgeklärtem Hinterfragen stärken.


Marc Mudrak

Sprecher des AK LaizistInnen in der SPD Heidelberg

Ethikunterricht – Praxis und Perspektiven!?

Am Dientag den 17. Juli traf sich der Arbeitskreis um unter anderem mit der Philosophiedozentin Brigitta-Sophie von Wolff-Metternich über das Thema „Ethikunterricht – Praxis und Perspektiven“ zu diskutieren. In ihrer Zuständigkeit für das Ethisch-Philosophische Grundlagenstudium (EPG) und die Lehrerausbildung am Philosophischen Seminar der Universität Heidelberg hat Frau Wolff-Metternich sowohl die Inhalte als auch die Vermittlung und Didaktik kritisch beleuchten können.

In Anbetracht der Vielfalt der Fächergestaltung wie Ethik in Baden-Württemberg, Lebensgestaltung-Ethik-Religion (LER, Berlin) oder Werte und Normen (WuN, Niedersachsen) gilt es vor allem zu fragen was Anspruch und was Wirklichkeit mit Blick auf die Inhalte bedeuten können. Eine allein kompensatorische und halbherzige Funktion im Schatten des konfessionellen Religionsunterrichtes verkennt das positive Potenzial der philosophisch-ethischen Reflexion, das vor allem aus drei Aspekten besteht: 1. Das Lernen reflexiven und selbstständig-kritischen Denkens, 2. Die Einsicht in die Unmöglichkeit der absoluten Letztbegründung der Standpunkte sowie 3. Die Möglichkeiten eines inklusiven Toleranzbegriffes. Resultierend aus der Kulturgeschichte der Aufklärung wird eine Haltung vermittelt, die sehr wohl Standpunkte entwickeln kann und eine ehtische Haltung als reflexive Handlung vermittelt.

Angebliche Alleinstellungsmerkmale des Religionsunterrichtes wie seinen Transzendenzbezug der ganzheitlichen Zuwendung zum Menschen oder die Entwicklung standortgebundener Toleranz braucht ein ethisch-philosophischer Religionsunterricht nicht zu fürchten. Gegenüber exklusiven Modellen von Toleranzen der jeweiligen Gemeinschaften oder Vorannahmen leerer Ganzheitlichkeit bietet er die konstruktiv-kritische Reflexion von Standpunkten und die Schärfung des Denkens, welches wiederum zu einem relationalen und damit toleranten Handeln führen kann.

Ein „dogmatisches Erbe“ philosophischer Konzepte gleich ob durch Kant, Rousseau, Habermas oder Rorty wird bloß dann problematisch, wenn allein philosophisches Fachwissen und Philosophiegeschichte betrieben werden sollen. Dieser unreflektierten Vermittlung sowie die oft allein quantitative Gestaltung der Inhalte gilt es durch Standards zu begegnen, welche Reflexion, Relation und Toleranz als positive Lernziele wie potenzielle Kompetenzbereiche des Faches gestalten.

Diese philosophisch-ethischen Anregungen nimmt der AK zum Anlass Eckpunkte für ein ordentliches Wahlpflichtfach als Alternative zum konfessionellen Religionsunterricht zu formulieren. Zusammen mit religionsgeschichtlichem Wissen einer kulturwissenschaftlichen Religionswissenschaft, die an den Universitäten oft ein ähnliches „Stiefkind“ wie das Fach Ethik darstellt, ergeben sich Perspektiven für eine kulturelle wie reflexive Kompetenz in Sachen Religion. Das Ansinnen der grün-roten Koalitionin Baden-Württemberg „Ethik soll neben Religion als Alternative schrittweise ab Klasse 1 eingeführt werden“ versteht der AK in Heidelberg somit als progressiven Arbeitsauftrag.

AK LaizistInnen in Heidelberg anerkannt

Seit Montag, 25. Juni, gibt es in Heidelberg den bundesweit ersten Arbeitskreis
(AK) „LaizistInnen in der SPD“. Nach der informellen Gründung des AKs im Mai diesen
Jahres hat der SPD-Kreisverband die Gruppe nun auch offiziell anerkannt. Die Entscheidung
fiel am Montagabend, als sich der Kreisvorstand mit einer klaren Mehrheit für die Einrichtung
des Arbeitskreises aussprach. Damit haben die örtlichen Genossen für ein Novum in der
deutschen Sozialdemokratie gesorgt, denn der Heidelberger AK ist die erste explizit
laististische Gruppierung, die offiziell von einer SPD-Gliederung in Deutschland als Teil der
Partei anerkannt wird. Sprecher der Heidelberger Laizisten ist der Historiker Marc Mudrak.

Das Programm, das der AK bei seinem vorangegangenen Gründungstreffen erarbeitet
hatte, beinhaltet drei Punkte. Erstens will die Gruppe für eine starke und gründliche Trennung
von neutralem Staat und Religionsgemeinschaften werben. Dabei sehen die Laizisten Defizite
im Bildungssektor oder im Arbeitsrecht, wo Kirchen immer noch rechtliche Privilegien
genießen, die oft zu Lasten der Arbeitnehmer gehen. „Im politischen Laizismus und der
Entwicklung neuer säkularer Wege sehen wir unsere Hauptaufgabe“, sagt Sprecher Marc
Mudrak. Zweitens ist der Arbeitskreis die bisher fehlende Vertretung für Konfessionsfreie
und Atheisten und deren Interessen innerhalb der SPD sowie Ansprechpartner nach außen.
Die Heidelberger Gruppe bemängelt die Dominanz der Religionsgemeinschaften im
öffentlichen Diskurs, etwa über Wertefragen. „Wir wollen die Debatte über gesellschaftliche
Werte und Normen aber nicht den Religionsgemeinschaften überlassen, sondern eine säkulare
Stimme mit einbringen“, sagt Mudrak. Dafür will der Arbeitskreis, drittens, humanistische
und aufklärerische Gegenentwürfe zu speziellen Fragen erarbeiten und für diese als säkulare
Alternative werben.

Volle Rechte auch für nicht-SPD-Mitglieder

Besonders am neuen Heidelberger AK ist auch dessen institutionelle Form. Anders als
bei herkömmlichen Arbeitsgruppen in der SPD können dort auch Interessenten ohne
Parteibuch formlos Mitglied („Unterstützer“) werden und bei den Treffen des Arbeitskreises
über Positionen gleichberechtigt mit abstimmen und die Aktivitäten der Gruppe mitgestalten.
Diese neue Form der Partizipation für Nicht-Mitglieder geht auf die strukturellen Reformen
zurück, die die Bundes-SPD auf ihrem Parteitag im vergangenen Jahr beschlossen hat.
Deutschlandweit handelt es sich in Heidelberg um eine der ersten konkreten Umsetzungen
dieser neuen Gestaltungsmöglichkeiten – und das bei einem auch innerhalb der Partei stark
umstrittenen Thema.

Adrian Gillmann, Landessprecher des laizistischen Gesprächskreises Baden-Württemberg und
selbst an den Gründungsvorbereitungen für die Heidelberger Gruppe beteiligt, gratulierte dem
neuen Arbeitskreis zu seiner Anerkennung. „Die Veranstaltungen sowie die Arbeit vor Ort
haben endlich Früchte getragen und wir bedanken uns für die Unterstützung beim
Kreisverband“, sagte Gillmann.