Berliner Resolution 2021

Saekulare Sozis Bundestreffen Berlin 2021-10-30, Fotografie Evelin Frerk

Beschlossen am 30. Oktober 2021 in Berlin

Das Netzwerk säkularer Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen ist erfreut, dass die nächste Bundesregierung von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP gebildet wird, weil sich damit die Hoffnung verbindet, dass säkulare Themen und Sichtweisen eine bessere Resonanz finden als in der
bisherigen Großen Koalition. Das Netzwerk erwartet, dass in den nun anstehenden Koalitionsverhandlungen folgende Themen angesprochen und gelöst werden:

  1. Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das Gesetz von 2015 zum sogenannten Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe ersatzlos aufzuheben, ist es notwendig, dass der neu gewählte Bundestag ein Gesetz zu diesem gesellschafts- und gesundheitspolitisch wichtigen Thema beschließt, das den liberalen Vorgaben des BVerfG entspricht.
  2. Das sog. „Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche“ des § 219a im Strafgesetzbuch ist ersatzlos zu streichen.
  3. Der Verfassungsauftrag in Artikel 140 des Grundgesetzes, die sog. Staatsleistungen an die Kirchen (als Ausgleich für Enteignungen im Rahmen der napoleonischen Kriege und danach durch ein Bundesgesetz abzuschaffen, muss endlich umgesetzt werden. Länderparlamente können erst dann aktiv werden, wenn der Bundestag ein Grundlagengesetz beschlossen hat.
  4. Die generelle Ausnahme kirchlicher Arbeitgeber vom Betriebsverfassungsgesetz in § 118, Abs.2 ist zu streichen und auf die Bereiche der religiösen Verkündung zu begrenzen, also entsprechen dem Tendenzschutz in § 18 Abs.1, damit Arbeitnehmer*innen in Krankenhäusern, Altenheimen und Kindertagesstätten künftig ebenso Streik- und Mitbestimmungsrechte haben wie alle anderen Arbeitnehmer*innen; zugleich wird damit eine Wettbewerbsverzerrung zu Betrieben freier und öffentlicher Träger solcher Einrichtungen beendet.
  5. Sexueller Missbrauch in Kirchen und kirchlichen Einrichtungen muss zwingend von staatlichen Justizorganen aufgeklärt und geahndet werden. Wir fordern eine unabhängige Aufarbeitungskommission auf gesetzlicher Grundlage für bereits verjährtes Unrecht in kirchlichen Einrichtungen ebenso wie in anderen Tatkontexten. Solche Verbrechen an Schutzbefohlenen und Kindern dürfen nicht länger kircheninternen Regelungen überlassen bleiben. Wir unterstützen die Opfer bei ihren Forderungen nach Aufklärung, Hilfe und Entschädigung. Die Arbeit von Betroffeneninitiativen muss aus öffentlichen Mitteln unterstützt werden.

Frankfurter Erklärung: Zum Verhältnis von Religion und Staat – 60 Jahre nach Godesberg

Am 15. November 2019 jährt sich zum 60. Mal die Verabschiedung des Godesberger Programms. Am letzten Tag des Parteitages der SPD vom 13. – 15. November 1959 in der Stadthalle von Bad Godesberg wurde es mit großer Mehrheit beschlossen.

Nach der Überwindung Nazi-Deutschlands ging es um den Aufbruch in eine neue Zeit, in der sich die SPD zu einer erfolgreichen linken Volkspartei entwickelte und sich der seinerzeit stark katholisch geprägten CDU/CSU entgegenstellen konnte.

In einer Grundsatzerklärung anlässlich ihres Jahrestreffens heute in Frankfurt, wenige Tage vor diesem Jubiläum, fordern die säkularen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die Partei auf, nicht nachzulassen in ihren Bemühungen, auch das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes zu verwirklichen, nach dem niemand – auch nicht wegen seines Glaubens, seiner religiösen Anschauungen oder weltanschaulichen Auffassungen – benachteiligt oder bevorzugt werden darf.

Neben vielen anderen bedeutenden Weichenstellungen wurde im Godesberger Programm das Verhältnis der SPD zu den Kirchen neu justiert. Damit hat die  Partei  nach dem Zusammenbruch der Nazi-Diktatur ein neues Verhältnis zu den Religionsgemeinschaften in Deutschland begründet. Mit ihrem Anspruch als Volkspartei sollten weitere Wählerschichten erschlossen werden.

Nach dem 2. Weltkrieg waren noch über 90% der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands Mitglieder der protestantischen Kirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche. Aber schon setzte in den Kirchen, ganz besonders im Protestantismus, eine vorsichtige Annäherung an die Sozialdemokratie ein. Auch die Verunglimpfung der Sozialdemokratie und Beeinflussung der Wahlentscheidung von den Kanzeln herab, wie es in früheren Zeiten üblich war, wurde zunehmend vermieden.

In der weiteren Entwicklung unseres Landes gehen Kirchenmitgliedschaft und religiöses Interesse deutlich zurück, Großkirchen verlieren drastisch an Bindekraft. Die religiös- weltanschauliche Pluralität in Deutschland sollte Anlass sein, dass die SPD über eine zeitgemäße Politik zum Verhältnis des Staates zu den Religionen und Weltanschauungen nachdenkt. Dabei sind auch das Drittel Bürgerinnen und Bürger zu berücksichtigen, die nicht mehr in Glaubens- oder Wertegemeinschaften organisiert sind.

Als säkulare Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden wir uns innerhalb der Partei für eine stärkere Berücksichtigung gerade der religiös nicht gebundenen Mitbürgerinnen und Mitbürger einsetzen und als Netzwerk oder endlich als Arbeitskreis die säkulare Tradition unserer Partei stärken

Kleines Islampapier: Positionen für einen säkularen Islam

Auf dem Bundestreffen in Köln wurde das von den Sprecherinnen Lale Akgün, Klaus Gebauer und Adrian Gillmann erstellte „kleine Islampapier“ zur  Überarbeitung an den Sprecherinnenkreis überwiesen. Dieser hat das folgende Arbeitspapier nun komplettiert und einstimmig beschlossen. Wir Säkularen Sozis wollen auf dieser Grundlage mit säkularen  Musliminnen wie Muslimen ins Gespräch kommen und begrüßen Aktivitäten wie die der „Initiative Säkularer Islam“. 

Vorbemerkungen

Die Aktuelle Debatte, ob „der“ „Islam“ zu „Deutschland“ „gehört“, halten wir Säkularen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für ungenügend, denn nach Jahren öffentlicher Debatten fehlen immer noch wichtige Impulse für die Weiterentwicklung unseres freiheitlich-pluralistischen Gesellschaftsprojekts.

Dem Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“ kann von uns nur bejaht werden, wenn mit dem Wort „Islam“ der in unserer Gesellschaft gelebte Islam und mit „Deutschland“ die gegenwärtige gesellschaftliche Dynamik in Deutschland gemeint sind. Alle Feststellungen sind, wie die Sache selbst, dem kommenden historischen Wandel unterworfen, denn „die Zukunft ist offen“ (Hamburger Programm).

Eine Integrations-Politik, die sich mehr über kurzfristige Lobbyinteressen von Kirchen, und Islamverbänden Gedanken macht, als darüber, wie eine multireligiöse Gesellschaft zu gestalten ist, lehnen wir ab. Es darf hinsichtlich der Religiosität und der Weltanschauung der Bürgerinnen und Bürger des Grundgesetzes keine politische Klasseneinteilung geben (Artikel 3 GG in Verbindung mit Artikel 4 GG). Deshalb müssen die öffentlich-rechtlichen Privilegien der Kirchen – als traditionell organisierte Religiosität in Deutschland – abgebaut werden, und deshalb muss der Forderung der islamischen Verbände nach Privilegien widersprochen werden. Zugleich müssen – auch dadurch – den Basiskräften aller religiösen und weltanschaulichen Orientierungen gleiche Chancen gegeben werden, gesellschaftlich zu wirken (positive Freiheit der Religionen und Weltanschauungen nach Art. 4 GG).

Die Zugehörigkeit oder Identitätsvermutung über das Medium Religion wird insofern zum Politikum, als Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit Migrations- oder Abstammungsgeschichte aus islamischen Ländern vereinfacht als bekennend religiös bezeichnet werden und darüber hinaus einer konstruierten muslimischen Community zugerechnet werden. Es wird für Deutschland von vier Millionen Muslimen gesprochen, ohne dass diese Zahl organisationssoziologisch belegt oder gar statistisch eindeutig als individuelle Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion faktenfest erhoben ist. Pauschal werden alle so dem Islam zugeordneten Menschen einer christlich geprägten Mehrheit gegenübergestellt. Kulturelle, ethnische, religiöse und auch soziale Unterschiede werden weder auf der Seite der „Minderheit“ noch auf der Seite der „Mehrheit“ berücksichtigt. Aktuelle – und auch schon ältere – Forschungen aus den Islam- und Religionswissenschaften sowie – und vor allem – aus den Sozialwissenschaften, die auch für Deutschland eine Wahrnehmung islamischer Vielfalt nahelegen, werden nur am Rande wahrgenommen. Zugleich werden die großen politischen Debatten überwiegend mit den Vertretern der konservativen Islamverbände geführt. „Kleines Islampapier: Positionen für einen säkularen Islam“ weiterlesen

Beschluss des Bundestreffens in Köln: Paragraf 219a abschaffen!

Die Säkularen Sozis haben sich auf Ihrem Bundestreffen in Köln klar für die Abschaffung des Paragrafen 219 ausgesprochen. Außerdem fordern wir einen freien Zugang zu allen medizinischen wie psychologischen Informationen, damit Fachleute nicht strafbewehrten Verdächtigungen ausgesetzt werden oder es sogar zu Anzeigen wie Verfahren kommt.

Damit stehen wir Seit‘ an Seit‘ mit dem Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung und auch vielen jungen SPD-Abgeordneten, die endlich Taten sehen wollen. Die Unterschriftenaktion der Jusos unterstützen wir und hoffen auf einen klaren politischen Kurs seitens der SPD.

Antrag im Wortlaut:

Abschaffung des Paragraphen 219a –

Informationsfreiheit bezüglich Schwangerschaftsabbrüchen

Der §219a StGB stellt die Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft unter Strafe. Dass hierunter jedoch ebenso die Weitergabe sachlicher wie medizinischer Informationen fallen, hat die Bestätigung eines Urteils gegen die Gynäkologin Kristina Hänel in Hessen gezeigt. Der urteilende Strafrichter kritisierte die Fehlerhaftigkeit des Gesetzes und gab der Verurteilten mit auf den Weg, „das Urteil zu tragen wie einen Ehrentitel in einem Kampf für ein besseres Gesetz“! „Beschluss des Bundestreffens in Köln: Paragraf 219a abschaffen!“ weiterlesen

Beschluss des Bundestreffens in Köln: Feiertage für alle!

Feiertage für alle – Vergnügungsverbote aufheben

Feiertage sollten für alle Menschen zur individuellen Freizeitgestaltung nutzbar sein. Durch die Vergnügungsverbote an zwischen 3 (Bremen, Hamburg) bis 63 Tagen (Hessen) im Jahr sind einige Freizeittätigkeiten jedoch gerade dann nicht möglich, wenn die Menschen Zeit dazu hätten. Untersagt sind oftmals unter anderem:

– Veranstaltungen in Räumen mit Schankbetrieb, die über den Schank- und Speisebetrieb hinausgehen,

– Sportveranstaltungen nicht gewerblicher Art, sofern diese z.B. mit Unterhaltungsmusik oder Festveranstaltungen verbunden sind,

– gewerbliche Sportveranstaltungen,

– sowie alle anderen öffentlichen Veranstaltungen, sofern bei ihnen nicht der ernste Charakter des jeweiligen Feiertages gewahrt wird.

Wir fordern das Außerkrafttreten der jeweiligen Paragraphen in den Feiertagsgesetzen der Bundesländer, in denen die genannten Verbote geregelt sind.

Der Staat maßt sich mit diesen Einschränkungen die Entscheidung darüber an, wie seine Bürgerinnen und Bürger Feiertage begehen dürfen. Der Begriff des „ernsten Charakters“ ist zudem unklar und betrifft eine erhebliche und wachsende Anzahl Menschen nicht. Viele sehnen sich nach Ablenkung, Freude und Leichtigkeit, weil bereits der Alltag mit negativen Situationen einhergeht. „Beschluss des Bundestreffens in Köln: Feiertage für alle!“ weiterlesen

Unsere Grundsätze:

„Mehr Säkularität wagen!“

1. Individuelle Religionsfreiheit als Grundprinzip säkularer Religions- und Weltanschauungspolitik

Für säkulare Religionspolitik ist die Religions- und Weltanschauungsfreiheit des Einzelnen Grundprinzip. Im Sinne einer umfassenden Freiheit bedeutet dies, dass sich die Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in einer offenen Gesellschaft einer, keiner oder wechselnden Religionen wie Weltanschauungen zugehörig fühlen können. Die individuelle Freiheit ist ausschlaggebend, aus der sich erst die Bedingungen kollektiver Religionsfreiheit ableiten.

2. Neutralität des Staates

Der säkulare, demokratische Staat macht sich keine Religion oder Weltanschauung zu eigen. Er ist ihnen gegenüber neutral. Der Staat, sein Rechtssystem und die staatliche Politik garantieren in einer säkularen und multireligiösen Gesellschaft die gleiche Distanz des Staates (Äquidistanz) zu allen Religionen und Weltanschauungen.

3. Gleichberechtigung der Religionen und Weltanschauungen

Gemäß dem deutschen Grundgesetz (Art. 3,3) darf niemand aufgrund seiner Religion oder Weltanschauung bevorzugt oder benachteiligt werden. Es sind faire wie gleiche Bedingungen für alle Religionen und weltanschaulichen Orientierungen in Deutschland zu gestalten; Privilegien und Sonderrechte von institutionalisierten Religionen (Kirchen) sind aufzuheben.

4. Religion und Öffentlichkeit

Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, sowie Individuen, genießen in der zivilgesellschaftlichen Öffentlichkeit dieselben Rechte und unterliegen denselben Pflichten wie andere Bürgerinnen und Bürger, gesellschaftliche Gruppierungen und Verbände.

„Unsere Grundsätze:“ weiterlesen

Bundestreffen 2016 in Hamburg

Beschlüsse des Bundestreffens 2016 in Hamburg

Beschluss 1: 

Die SPD muss wieder die Partei der Freiheit des Geistes werden und sich für eine zukunftsfähige Religions- und Weltanschauungspolitik öffnen!

Beschluss 2:

Stellungnahme der Säkularen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zum Abschlussbericht der Kommission „Weltanschauungen, Religionsgemeinschaften und Staat“ von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Erklärung zu dem Anschlag auf Charlie Hebdo

Wir sind Charlie – Für Religions- und Meinungsfreiheit im Angesicht des Terrors

 

Erklärung der Bundessprecherinnen und –Sprecher der sozialdemokratischen Laizisten

 

Wir Sozialdemokratischen Laizistinnen und Laizisten können in dem Pariser Mordanschlag gegen die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ nur einen grausamen Akt gegen die Meinungsfreiheit und das Leben von Menschen sehen. Die Geschehnisse in Frankreich bedeuten eine Herausforderung für die Religions- und Meinungsfreiheit gleichermaßen.

Gleich ob die Täter sich weitestgehend selbst radikalisierten, oder eine Verbindung zum organisierten Terrorismus besteht, möchten wir jeder Form einer antireligiösen und islamophoben Reaktion eine Absage erteilen.

„Erklärung zu dem Anschlag auf Charlie Hebdo“ weiterlesen

Beschluss zum Luthergedenkjahr

Kritik an einer ideologischen Verzerrung des Reformationsgedenkens 2017

Beschluss auf dem Bundestreffen am 22.11.2014 in Berlin

Die laizistischen SozialdemokatInnen kritisieren die ideologische Verzerrung beim bisherigen Reformationsgedenken 2017. Wir halten fest:

1. Die Evangelische Kirche Deutschlands und die Fördermittelgeber aus Bund, Ländern und Gemeinden sind aufgerufen, die bisherigen Veranstaltungen der Luther-Dekade und die weitere Planung des Reformationsjubiläums inhaltlich auf konfessionelle Verzerrungen und Überhöhungen hin zu überprüfen. Wir fordern dafür die Berufung einer unabhängigen wissenschaftlichen Kommission, die hierzu entsprechende Empfehlungen gibt. Gemeinsames Anliegen aller Beteiligten muss es künftig sein, historische Verzerrungen und Überhöhungen des mit öffentlichen Mitteln geförderten Reformationsgedenkens zu unterbinden und stattdessen eine zeitgemäße, am wissenschaftlichen Erkenntnisstand orientierte Gedenk- und Erinnerungskultur zu pflegen.

„Beschluss zum Luthergedenkjahr“ weiterlesen

Forderung 2011 – Roßdorfer Signal

Roßdorfer Signal: Religion ist Privatsache! 

(beschlossen auf dem 2. Bundestreffen in Roßdorf am 13. November 2011)

1. Die Trennung von Staat und Religion ist zusammen mit der Religionsfreiheit eine unverzichtbare Voraussetzung für einen modernen liberalen und demokratischen Rechtsstaat. Religion ist Privatsache; sie muss sich auf den nichtstaatlichen Bereich beschränken.

„Forderung 2011 – Roßdorfer Signal“ weiterlesen