NRW-SPD stärkt das Recht auf Kirchenaustritt

Auf dem ersten digitalen Landesparteitag der NRW-SPD am 6. März ist ein Antrag der Erkrather SPD und dem Netzwerk der Säkulare Sozis NRW angenommen worden. Der Initiativantrag „Kirchenaustritt entbürokratisieren, Bürgerrechte stärken!“ wurde von den Parteitagsdelegierten mit Mehrheit beschlossen und somit an die Landtagsfraktion der SPD zur weiteren Bearbeitung überwiesen.

In dem Antrag ging es um eine Entbürokratisierung von Kirchenaustritten. Im Zuge der Austrittswelle in Köln, bedingt durch den Umgang der Erzdiözese mit sexuellem Missbrauch, brachen die elektronischen Server der Ämter zusammen. Die bürokratischen Anforderungen, besonders im Vergleich zu Austritten aus Verbänden und Vereinen, sind vergleichsweise hoch. Mithin dauert es Monate, bis ein Austrittswilliger beim zuständigen Amtsgericht einen Termin für den Kirchenaustritt bekommt.

Die Antragsteller forderten das Verfahren für Bürgerinnen und Bürger zu vereinfachen und den Austritt mit einfacher, schriftlicher Verfügung beim Kirchengemeindeamt oder beim Bürgerbüro der zuständigen Rathäuser schnell und vor allem gebührenfrei vollziehen zu können.

Weltanschaulich neutrale Justiz in NRW – Gesetz gelungen?

Der Düsseldorfer Landtag hat am 3. März ein Gesetz zur weltanschaulichen Neutralität in der Justiz beschlossen, welches es den Beschäftigten in der Justiz untersagt, religiöse wie weltanschauliche Symbolik bei dienstlichen Tätigkeiten zur Schau zu stellen. Das betrifft sowohl die Kleidung, wie auch Körperschmuck oder symbolische Gegenstände, die entsprechend sichtbar getragen werden. Das sogenannte „Justizneutralitätsgesetz“ wurde mit den Stimmen der CDU, FDP und der AfD gegen die Stimmen der GRÜNEN beschlossen. Die SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag enthielt sich.

Die Säkularen Sozis aus NRW begrüßen das politische Engagement hinsichtlich weltanschaulicher Neutralität des Staates, gerade in sensiblen Bereichen wie dem öffentlichen Dienst, der Justiz oder im Bildungsbereich, sehen aber noch Nachbesserungsbedarf und offene Fragen.

Johannes Schwill, Landessprecher der Säkularen Sozis und HVD-Vorsitzender NRW:

„Die weltanschauliche Neutralität des Staates ist ein hohes Gut und muss sich in seinem Handeln, aber auch in seinem Umgang mit Symbolik zeigen. Wenn Personen im Namen des Volkes, also im Namen des Souveräns, handeln und öffentlich auftreten, dann ist zuzumuten, dass sie ihr persönliches Recht auf äußerliche Bekundung ihrer Religion oder Weltanschauung durch entsprechend konnotierte Bekleidung zurückstellen. Dies müsste auch für Lehrer*innen an öffentlichen Schulen gelten, denn auch sie repräsentieren den Staat.“

Dr. Sabrina Seidler, Sprecherkreis der Säkularen Sozis (NRW):

„Die Entscheidung des Düsseldorfer Landtages ist ein richtiges und wichtiges Votum, das allerdings Fragen aufwirft. Der Gesetzentwurf ist beides: Nicht weitreichend genug auf der einen Seite, aber gleichzeitig auch ein starkes Anzeichen dafür, dass an der ohnehin vom Grundgesetz vorgegebenen weltanschaulichen Neutralität des Staates offenbar ordentlich ‚gerüttelt‘ wird. Der Blick vom Rhein auf die Spree und auf die Auseinandersetzunge um das ‚Berliner Neutralitätsgesetz‘ macht es deutlich.“

Thorben Kösters, Sprecherkreis der Säkularen Sozis (NRW):

„Das Gesetz ist für NRW eine begrüßenswerte Neuerung, die freilich insofern inkonsequent bleibt, als sie nicht auch religiöse Symbole in staatlichen Räumlichkeiten, wie etwa ein Kreuz an den Wänden eines Gerichtssaals, verbietet. Sich nur persönlichen Kleidungsstücken wie etwa dem Kopftuch einer Referendarin zu widmen, kann nicht überzeugen.“

Christlich – heilig – scheinheilig?

Ein Kommentar von unserem Sprecher Horst Hoffmann (Schleswig-Holstein)

DIE CARITAS, ein zu etwa zu 5 % durch Kirchensteuer, aber zu 95 % aus den Krankenkassen und Pflegekassen fnanziertes Unternehmen der katholischen Kirche, sieht ihren Einfluss gefährdet – da fällt der christliche Anspruch auf Nächstenliebe schon mal in zweckdienliche Vergessenheit. Kein Wunder verurteilt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) die Ablehnung der Caritas.

ver.di verurteilte die Ablehnung der Caritas scharf und warf ihr Scheinheiligkeit vor. „Die Caritas handelt mit dieser Entscheidung in krassem Widerspruch zu ihren eigenen sonstigen Aussagen und Werten, wenn es um gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Bedeutung sozialer Dienste geht“, erklärte Vorstandsmitglied Sylvia Bühler und kritisierte die Arbeitgeberseite in der Arbeitsrechtlichen Kommission, die mit der Ablehnung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung, für bundesweit bessere Arbeitsbedingungen in der Altenpflege zu sorgen, nicht nachkomme. „Das ist ein schlimmes Signal für die Beschäftigten in der Altenpflege“, betonte Bühler.

Quelle: Vorwärts

Schluss mit lustig, denn faire Löhne und faire Arbeitsbedingungen in der Altenpflege und allen anderen Caritas-Angeboten möchten die Caritas-Vertreter nach Gusto selber bestimmen. In der gewohnten Sprech- und Denkweise der katholischen Kirchenvertreter, die für sich beanspruchen, die Welt in Gut und Böse einteilen zu können, sind alle Bemühungen einer aufgeklärten Gesellschaft, zum Beispiel mit Tarifverträgen ein Stück mehr Gerechtigkeit in abhängig beschäftigte Arbeitsverhältnisse zu bringen, anscheinend Teufelswerk.

Im Klartext: Hier wollen ihnen böse Tarifparteien ein Stück Einflusssphäre wegnehmen. Wir säkulare Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden weiter an der Seite der ca. 700.000 abhängig Beschäftigten der Caritas stehen und deren Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen und Löhne durch Abschluss allgemeinverbindlicher Tarifverträge unterstützen.

Caritas-Aus für bundesweiten Pflegetarifvertrag: Kirchlicher Sonderweg im Arbeitsrecht – Raus!

Die Caritas hat mit ihrer Ablehnung eines bundesweiten Tarifvertrags für die Pflege bewiesen, dass die Sonderstellungen der Kirchen im Arbeitsrecht negative Folgen für Flächentarifvereinbarungen und letztendlich die Beschäftigten in den sozialen Einrichtungen haben. An den Verhandlungen beteiligte Gewerkschaften kritisieren die Haltung des christlichen Wohlfahrtsverbandes scharf.

„Das ist ein bitterer Tag für die Beschäftigten in der Pflege“, kritisierte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel das Votum der Caritas. Der christliche Wohlfahrtsverband lehnt eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung des von ver.di und der Bundesvereinigung der Arbeitgeber (BVAP) ausgehandelten Tarifvertrags für die Altenpflege ab. „Damit ist heute die große Chance vertan worden, die Arbeit in der Pflege nachhaltig aufzuwerten.“

Quelle: DGB.de

Eine Einigung zwischen Arbeitgeberverbänden und den Gewerkschaften hätte ab August 2021 für Mindestentgelte und eine bessere Absicherung der Beschäftigten gesorgt.

Diese tariflichen Verbesserungen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen in der Pflege, wollte die Caritas nicht mittragen und hat damit eine bundesweite Regelung verhindert, denn gesetzlich müssen die Arbeitsrechtskommissionen der Kirchen in den entsprechenden Branchen einer einheitlichen Regelung zustimmen. Der Sonderstatus der Kirchen ist an dieser Stelle weder mit Religionsfreiheit noch Tarifautonomie zu erklären, sondern fußt auf den Privilegien im Arbeitsrecht, die Gewerkschaften und Säkulare schon seit Längerem kritisieren.

Bei ihrem Online-Bundestreffen haben die Säkularen Sozis erneut beschlossen Seit‘ an Seit‘ mit den Gewerkschaften für eine Beendigung des kirchlichen Sonderwegs im Arbeitsrecht zu kämpfen. Im Folgenden der Antrag im Wortlaut:

Sonderstellung der Kirchen beim Arbeitsrecht beenden
  1. Die als „Dritter Weg“ bezeichnete kirchliche Neben-rechtsordnung im Arbeitsrecht ist abzuschaffen und den Beschäftigtender Kirchen sind die vollengewerkschaftlichen Rechte wie in weltlichen Betrieben zuzugestehen.
  2. Es sind unverzüglich Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften aufzunehmen.
  3. Das Streikrecht ist als Teil der Tarifautonomie auch den Beschäftigten in kirch-lichen Einrichtungen zu gewährleisten, denn nur so können Löhne und Arbeits-bedingungen gleichgewichtig und auf Augenhöhe ausgehandelt werden;
  4. Das Betriebsverfassungsgesetz und die Gesetze zur Unternehmensmitbestimmung müssen auch inkirchlichen Einrichtungenvolle Anwendung finden und der „Tendenzschutz“ ist auf die Beschäftigten imengeren „Verkündungsauftrag“ der Kirchen zu begrenzen. Die Sonderstellung der Kirchen beim Arbeitsrecht kann man in folgende drei wesentliche Bereiche gliedern: Betriebsverfassungsgesetz, Recht auf Tarifverträge und Streik sowie engere Fassung des Tendenzschutzes.
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Zeit für Wahrheit und Gerechtigkeit: Der Staat muss handeln

Pressemitteilung -22.02.2021

Säkulare Sozis unterstützen Forderung der Missbrauchsopfer in der katholischen Kirche

Johannes Schwill (NRW)

„Justiz und Politik in Land und Bund müssen ihrer Verantwortung im Kampf gegen Sexualstraftäter endlich nachkommen und können die Ahndung krimineller Gewalttaten nicht der Täterorganisation überlassen“, erklärte die Bundessprecherin der Säkularen Sozis, Lale Akgün, in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Landesprecher Johannes Schwill.

Dr. Lale Akgün (NRW)

„Täglich erfahren wir neues aus dem Missbrauchsskandal, der die katholische Kirche im Rheinland erschüttert. Die Zahl der Kirchenaustritte ist von den Gerichten in NRW nicht mehr zu bewältigen. Längst zeigt der Skandal auch ein erschreckendes Ausmaß von Staatsversagen beim Umgang mit kriminellen Sexualtätern.“

In ihrer Jahrestagung hatten die Säkularen Sozis am vergangenen Wochenende in einem einstimmig gefassten Beschluss darauf hingewiesen, dass die Staatsanwaltschaften verpflichtet seien, Hinweisen auf schwerste Straftaten nachzugehen und Beschlagnahmebeschlüsse zu erwirken. Der Staat dürfe dabei auch nicht vor kirchlichen Archiven haltmachen, wenn es Hinweise auf Vertuschung solcher Taten gebe. Dabei stelle sich auch die Frage, wieweit das jahrzehntelange systematische institutionelle Versagen in den Kirchen nicht auch strafrechtlich mindestens als Beihilfe gewertet werden müsse.

Die als „Säkulare Sozis“ zusammengeschlossenen Säkularen in der SPD wollen deshalb zusammen mit den Christen in der SPD Perspektive und Vorschläge der Betroffenen diskutieren und unterstützen auch die Einrichtung einer unabhängigen Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission, damit baldmöglichst angemessene Entschädigungsleistungen gezahlt und politische Maßnahmen ergriffen werden.

Norbert Reitz – Mitglied des Sprecherkreises und Pressesprecher der Säkularen Sozis

Hamburg bleibt auch online ein säkulares Pflaster

Online-Treffen der Hamburger Säkularen Sozis am 29. März

In Hamburg hat sich das Netzwerk säkularer Sozialdemokrat*innen 2016 neu formiert (übrigens im Kloster-Gymnasium, das Kurt-Schumacher-Haus wollte uns damals nicht reinlassen, dafür begrüßte uns der stellv. Landesvorsitzende der SPD ausdrücklich als Säkularer). Wir treffen uns alle zwei Monate (letzter Montag im ungeraden Monat, 19:30) entweder auf ZOOM oder – jetzt ganz selbstverständlich – im SPD-Haus.

In Hamburg verzichtet die SPD ausdrücklich auf den AKC und andere Bekenntnis-Arbeitskreise. Dafür wurde vor 4 Jahren ein Arbeitskreis Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften eingerichtet, in dem wir Säkulare selbstverständlich vertreten sind, aber nicht die Mehrheit haben. Mehrheiten haben wir nur in der Stadtgesellschaft, denn in unserem Stadtstaat sind die Angehörigen von Religionsgemeinschaften klar in der Minderheit. Aber die beiden großen Kirchen sind nach wie vor sehr präsent. Wir haben also zu tun, den Säkularen Gehör und und Einfluss zu verschaffen und ihnen im politischen Handeln der Stadt immer mehr Gewicht zu geben.

Das nächste Treffen findet am Montag, den 29. März um 19:30 Uhr statt. Einladungen mit Zoom-links über Ulla Wolfram oder Gerhard Lein .

Forderung erneuert: Säkulare Sozis nach wie vor für die Abschaffung von §219a

Auf Ihrem Online-Bundestreffen 2021 haben die Säkularen Sozis ihren Beschluss von 2018 zur Abschaffung von §219a, der die Kenntlichmachung von Abtreibungsangeboten kriminalisiert, erneuert. Wie damals in Köln votierten die Genossinnen und Genossen dafür,das unsägliche Werbe- und Informationsverbot für Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen und hierüber medizinisch informieren wollen, endlich abzuschaffen.

Die halbseidene Reform des §219a durch die Große Koalition, welche vor allem durch Druck der CDU/CSU verwässert wurde, hat aus Sicht der Säkularen nur ein minimales strafbefreites Informationsrecht über Landesärztekammern und Verlautbarung des Angebotes von Schwangerschaftsabbrüchen geschaffen, was weder für Rechtssicherheit noch eine ausreichende Informationsfreiheit sorgt.

Der Antrag im Wortlaut:

Das Netzwerk säkularer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten setzt sich dafür ein, dass § 219a aus dem StGB gestrichen wird.

Begründung:

Nach §219a Abs. 1 StGB genügt bereits die „Information“ über die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes des „Anbietens“. Damit gilt ein Verbot für Ärzte und Kliniken, zu informieren, unter welchen rechtlichen Rahmenbedingungen ein legaler Schwangerschaftsabbruch erlaubt ist, welche Methoden es gibt, welche Risiken der Eingriff birgt und dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen.“

Religiöse, aber auch philosophisch begründete Tabuisierungen von Schwangerschaftsabbrüchen und der Information über die Durchführung selbiger können in einem säkularen Staat keine Legitimationsgrundlage für mit Kriminalstrafe bewehrte Verbote sein. Mit dem Erlass einer moralisierenden, auf die Durchsetzung einer religiös-weltanschaulich bestimmten Sittlichkeit bezogenen Strafnorm, überschreitet der Staat seine Kompetenzen.“

(…) Der §219a folgt religiösen Glaubensvorstellungen und der nationalsozialistischen Weltanschauung, die mit einem demokratischen, weltanschaulich neutralen Rechtsstaat in der Ausrichtung auf die Europäische Menschenrechtskonvention unverträglich sind.

Quellen: hpd, ifw

Mit neuem Sprecherkreis 2021 auf zu säkularen Ufern!

Am Samstag den 6. Februar 2021 fand das Jahrestreffen des Netzwerks der Säkularen Sozis statt. In diesem Jahr als Online-Konferenz, die unter Einhaltung aller Corona-Regeln durchgeführt wurde. Zahlreiche Anträge wurden beschlossen, wie beispielsweise der Antrag zur Beendigung des Sonderweges im kirchlichen Arbeitsrecht, und die Forderung einer aktiven Strafverfolgung bei sexuellem Missbrauch durch Kirchenvertreter und eines wirksamen staatlichen Schutzes für religionsfreie Geflüchteten in Deutschland.

Die beschlossenen Anträge: Kirchliches Arbeitsrecht, Verjährung Sexualdelikte, Strafverfolgung bei Missbrauch, Ablösung der Staatsleistungen, DITIB überprüfen, Schutz säkularer Geflüchteter, Lobbyregister, kirchlicher Lobbyismus, Kinderkopftuch, Religionsunterricht

Außerdem wurde ein neuer Sprecherkreis gewählt, der mit neuen Engagierten wie auch Altbekannten aufwarten kann und sich selbst eine fünfköpfige „Geschäftsführung“ gegeben hat, damit Anfragen aus der Partei und der Zivilgesellschaft schnell bearbeitet werden. Den bisher engagierten und nun ausscheidenden Sprecherinnen und Sprechern, wie beispielsweise Rolf Schwanitz aus Sachsen, Johannes Schwill aus NRW, Wolfgang Frisch aus Rheinland-Pfalz und Monika Oettke aus Niedersachsen, dankte Lale Akgün im Namen aller.

Unsere Arbeit in und für die SPD

Hinter uns liegt ein erfolgreiches Jahrestreffen, das wir erstmals online durchgeführt haben. Dank intensiver Vorbereitung der Antragsteller konnten wir eine ganze Reihe von wichtigen Beschlüssen fassen, die unsere weitere Arbeit in der SPD bestimmen werden. Diese Arbeit werden wir künftig in dem vom Parteivorstand einzurichtenden Arbeitskreis fortführen, dem die Genoss*innen angehören werden, die ihren Glauben frei von der Mitgliedschaft in religiösen Organisationen leben.

Damit kommt die SPD nur der Entwicklung in unserem Land nach. Während zur Zeit der Gründung der Bundesrepublik die Bevölkerung in Deutschland nahezu vollzählig „katholisch“ oder „evangelisch“ war, hat sich deren Anteil inzwischen nahezu halbiert und durch Zuwanderung gibt es eine Vielzahl unterschiedlichster Religionen, deren Mitglieder in unserem Land ihren eigenen Glauben leben können, solange sie sich an die uns alle verbindende und verbindliche freiheitlich-demokratische Grundordnung halten.

Angesichts des dramatischen Mitgliederrückgangs bei den bislang so selbstbewussten Großkirchen, angesichts von Skandalen bei der Missbrauchsaufklärung, angesichts von EuGH-Urteilen gegen die Praxis kirchlichen Arbeitsrechts, angesichts des hundertjährigen Ignorierens des Verfassungsgebots der Beendigung kirchlicher Staatsleistungen wird die SPD auch eine dezidiert säkulare Stimme haben.

Als „Säkulare Sozis“ mussten wir bisher außerhalb der SPD agieren, obwohl wir im ganzen Land aktiv Parteiarbeit betreiben und wissen, wo unseren Wählern der Schuh drückt und auch wo gegen geltendes Recht verstoßen wird.

Entsprechend dem Parteitagsbeschluss von 2019 in Berlin bemüht sich der Parteivorstand neben all der Arbeit zur Vorbereitung der in diesem Jahr anstehenden Wahlen darum, die konfessionell nicht gebundenen Mitglieder stärker in die politische Arbeit einzubinden. Die Einsicht hat sich wohl durchgesetzt, dass Säkularität eine der tragenden Säulen unserer Demokratie und insbesondere unserer sozialdemokratischen Partei ist.

Toleranz und Solidarität werden bei uns großgeschrieben und dazu gehört ganz selbstverständlich auch die Meinungs-, Glaubens- und Religionsfreiheit für Angehörige aller Religionen, aber natürlich auch für Menschen, die sich keiner religiösen Gemeinschaft zugehörig fühlen.

Seit 100 Jahren verlangt unsere Verfassung, die Weimarer Reichsverfassung ebenso wie das Grundgesetz, dass die Staatsleistungen eingestellt werden, die einstmals als Ausgleich für Enteignungen durch Napoleon gewährt worden waren. So fließt jährlich eine halbe Milliarde an allgemeinen Steuergeldern (zusätzlich zu den Kirchensteuern) in die Kassen der Kirchen, die darüber nicht einmal Rechenschaft ablegen müssen. Sie nehmen unser Geld – auch von denen, die keine Kirchensteuer bezahlen.

Erneut haben wir beim Jahrestreffen einen Sprecherkreis gewählt, der sich um die Weiterentwicklung unserer Programmarbeit kümmert und die Vorbereitung des Arbeitskreises der Bundespartei unterstützt. Als eine Art „Geschäftsführung“ wurden wir auch damit beauftragt, die Kontakte zum Parteivorstand zu intensivieren und die Partei bei der Einrichtung eines AK zu unterstützen. Wir bauen dabei auf die Unterstützung aller säkularen und humanistischen Genoss*innen.

Für den Sprecherkreis:

Dr. Lale Akgün, Dr. Uli Bieler, Gerhard Lein, Norbert Reitz, Dr. Sabrina Seidler

Selbstverständlich Säkular – Die säkularen Wurzeln der SPD

Dass die SPD einmal eine dezidiert religions- und kirchenferne, säkulare Partei war, ist wenig bekannt. Wer – wie wir säkulare Sozialdemokraten – davon überzeugt ist, dass die SPD wieder mehr Säkularität wagen sollte, um endlich auch dem konfessionsfreien Drittel der Bevölkerung ein politisches Angebot zu machen, um das sozialdemokratische Profil gegenüber den Christdemokraten zu schärfen, um gesellschaftliche Integrationsprobleme zu entschärfen und um insgesamt für mehr Gerechtigkeit und Transparenz in Religions- und Weltanschauungsfragen zu sorgen, sollte sich zuerst mit der Geschichte der SPD befassen.

Denn viele Kontroversen sind nicht neu: Die konsequente Trennung von Kirche und Staat ist eine alte SPD-Forderung der Kaiserzeit. Weltliche Schulen ohne Religionsunterricht, dafür aber mit säkularem Ethikunterricht gab es auf Initiative der SPD bereits in der Weimarer Republik, und die säkularen Passagen unserer Verfassung sind von der SPD gegen heftigen Widerstand der klerikalen Parteien erstritten worden.

Mit dem Godesberger Programm von 1959 kam eine Neuausrichtung: Um als Volkspartei im Bund mehrheitsfähig zu werden, schwenkte die SPD angesichts des wieder gewachsenen Ansehens des Christentums in der Nachkriegszeit auf einen religions- und kirchenfreundlichen Kurs um; leider geriet dann die humanistische säkulare Traditionslinie zunehmend ins Hintertreffen.

Vortrag: „Selbstverständlich Säkular“ als PDF

Johannes Schwill ist Mitglied des Sprecherkreises der Säkularen Sozis und Vizepräsident des HVD in NRW.

Meeting mit Mützenich – Säkulare Sozis in NRW

Auf Defizite bei der Verfassungstreue haben die Vertreter der Säkularen Sozis, Ingrid Matthäus-Maier und Norbert Reitz, den Fraktionsvorsitzenden der SPD im Bundestag, Rolf Mützenich, aufmerksam gemacht. Bei einem Frühstück in Hennef überreichten sie ihm das Buch „säkular.sozial.demokratisch“, das die Schwerpunktthemen säkularer Politik aufzeigt.

Seine Fraktion nehme Sorgen um die Durchsetzung des Grundgesetzes immer ernst, betonte Mützenich, eine Neuauflage des kürzlich vom Verfassungsgericht für nichtig erklärten Strafgesetzes zur Sterbehilfe stehe derzeit nicht auf der Agenda.

„Wir leben in einem säkularen Staat, in dem das Grundgesetz für alle Bürger und Institutionen verbindlich ist. Der Einsatz für gleiche Rechte, Pflichten und Chancen ist ein Wesensmerkmal der SPD seit ihrer Gründung. In diesem Kampf stehen wir solidarisch zusammen. “