Am 7. Dezember 2007 erschien dieser Aufruf im damaligen „meineSPD.net.
Er war der Ausgangspunkt für eine dann auf etwa 200 GenossInnen anwachsende Gruppe und ein zeitweise lebhaftes offenes Forum auf dieser Plattform, die zwischenzeitlich aber aufgelöst wurde. Dort entstand dann auch die Idee eines ersten bundesweiten Treffens, das dann im Juni 2010 in Nürnberg stattfand.
„Hier soll Platz sein für die Diskussion über das Verhältnis von Staat und Kirche. Gern mache ich den Anfang:
Hintergrund:
Angesichts der wachsenden Zahl konfessionsloser Menschen in Deutschland sollte in einer Partei wie der SPD, die maßgeblich in den Ideen der Aufklärung und des Sozialismus wurzelt, sich eine Interessengruppe zusammenfinden und artikulieren, die als Gegengewicht zu den verstärkten christlichen Einflussbemühungen für eine klarere Trennung von Staat und Kirche eintritt.
Religiosität in jedweder Form ist in ihrem Bestand und in ihren Ausdrucksformen als selbstverständliches Menschenrecht zu achten und zu respektieren. Ihr Einfluss auf staatliches Handeln und ihre Versuche, auch Nichtgläubige und Konfessionslose nach ihren Vorstellungen zu beeinflussen, muss aber in dem Maße entgegengetreten werden, wie diese Versuche in jüngerer Zeit zunehmen.
Nicht zuletzt die zunehmende Diskussion um aktive Religionsausübungen von Muslimen, wie im Zusammenhang mit dem Kopftuchverbot, zeigt, wie schwer sich ein Staat mit der Trennung von Staat und Religion im Falle des Islams tut, solange er diese Trennung gegenüber dem Christentum nicht konsequent praktiziert.
Ob es sich um eine Aufnahme der biblischen Schöpfungslehre in den Biologieunterricht handelt, die Privilegierung des christlichen Religionsunterrichtes gegenüber dem Fach Ethik, die Aufnahme von christlichen Bekenntnissen und Gottesformeln in staatliche Gesetze, oder auch den Einfluss der Religionsgemeinschaften und ihrer Mitglieder in der SPD: Ein klares Bekenntnis zur Trennung von Staat und Kirche aus den Reihen der SPD bleibt meist aus, ist halbherzig oder wird gar durch christlich engagierte Sozialdemokraten konterkariert.
Anders noch als im Berliner SPD-Programm ist im neuen Hamburger Programm der Hinweis auf die Beschneidung von Arbeitnehmerrechten bei den Kirchen entfallen. Dies werte ich als Erfolg der Bemühungen von Christen in der Partei, denn an den Einschränkungen dieser Rechte hat sich nichts geändert.
Hiermit will ich das Interesse an einer für Laizismus eintretenden Arbeitsgruppe in der SPD ausloten. Eine solche, zunächst völlig lose und lockere Arbeitsgruppe, könnte sicherlich gut bundesweit über das www kommunizieren. Man könnte, gemeinsam mit Partnern wie der FES, organisierten Humanisten oder anderen Organisationen, Veranstaltungen organisieren, die die Trennung von Kirche und Staat und die Facetten dieses Themas beleuchten.
Trotz eines steten Rückgangs an Kirchenmitgliedern haben die Kirchen noch einen erheblichen Einfluss auf zahllose Entscheidungen und Lebensbereiche in unserem Land, der zumindest teilweise auf das Konkordat sowie zahlreiche Staatskirchenverträge zurückgeht. So genießen die Kirchen nicht nur steuerliche Privilegien und den Einzug ihrer Steuern durch den Staat, sondern sie sitzen auch in Rundfunkräten, füllen Sendezeiten in Radiosendern und im Fernsehen und sie üben aktiv Einfluss auf Parlamente und Regierungen aus.
Zudem üben sie durch Trägerschaften zahlloser Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, von Schulen und Krankenhäusern sowie Beratungsstellen Einfluss auf Erwachsene aus und sind mit ihren kircheneigenen Organisationen ein bedeutender Arbeitgeber für weit mehr als 2 Mio. Menschen.
Aber auch dort, do eine klare Trennung von Staat und Kirche unumstritten zu sein scheint, versuchen sie, Einfluss zumindest durch Insignien zu wahren: In zahllosen Gerichtssälen, staatlichen Schulen und Rathäusern hängen Kreuze und Kruzifixe, so als handele es sich um explizit christliche Institutionen. Sogar in den Präambeln von Schulgesetzen der Länder wird die „Achtung vor Gott“ als Lehrziel verankert. Welch zentralen Einfluss die christlichen Kirchen beanspruchen, ließ sich nicht zuletzt an der Diskussion um die Verankerung des Gottesbegriffes in der Europäischen Verfassung ablesen, der jedoch abgewendet werden konnte.
Für viele Menschen und m.E. auch und gerade Sozialdemokraten aber ist eine saubere Trennung von Staat und Kirche nicht nur eine Frage der demokratischen Grundsätze sondern auch eine Errungenschaft der Aufklärung.
Hinzu kommt, dass durch eine stete Austrittsentwicklung und auch im Zuge der Wiedervereinigung heute nur noch ca. 58% der Bundesbürger den beiden Großkirchen angehören, (angesichts von Doppelzählungen vom Mitgliedern mit zwei Wohnsitzen handelt es sich Schätzungen zufolge eher nur um 56%).
Dagegen ist die Zahl der Konfessionslosen heute mit ca. 32% größer als die der Katholiken oder der Protestanten.
Diesem Umstand wird jedoch weder von weiten Teilen der Politik, noch von den Medien Rechnung getragen. Dies liegt meines Erachtens insbesondere an der gewachsenen Platzierung von Redakteuren in den Sendern wie auch Kirchenbeauftragten in den Parteien. Wohl in allen Sendern und Zeitungen sind die Redaktionen, die sich mit Kirchen- und Weltanschauungsfragen befassen, mit Theologen, und damit fast ausschließlich Kirchenanhängern und -vertretern besetzt. Auch hat jede Partei und jede Parlamentsfraktion Deutschlands Beauftragte, die sich um diese Fragen kümmern. Dabei wird als vermeintliche Idealbesetzung auf religiös und kirchlich besonders engagierte Abgeordnete zurückgegriffen, die für „gute Kontakte“ sorgen sollen.
Damit aber ist jeder kirchenkritischen Diskussion und Aktivität ein wirkungsvoller Riegel vorgeschoben, denn die Berichterstattung über solche Themen wie auch politische Behandlung kirchenrelevanter Fragen wird ja zuvorderst von aktiven Katholiken und Protestanten „erledigt“.
Es wird deshalb höchste Zeit, dass diejenigen, die eine zunehmende Verquickung von Staat und Kirche nicht wollen, sich stärker artikulieren und organisieren. Meldet Euch bei Interesse bitte und gebt diesen Aufruf weiter.
Hier ist der Platz, um sein Interesse an einer möglichen Arbeitsgruppe zu bekunden und über die Form der Organisation und denkbare Aktivitäten zu sprechen.
Gruß
Nils“