Newsletter 06/2017 28.09.2017
Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Unterstützer,
die Bundestagswahl liegt mit ihrem verheerenden Ergebnis für unser Land hinter uns. Darüber wird an anderer Stelle zu diskutieren sein. Wir wollen Euch hier über zwei Dinge kurz informieren:
Die humanistisch und säkular orientierten Teile in Deutschland haben nun auch eine juristische Stärkung erhalten. Vor wenigen Wochen wurde dazu das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) gegründet. Das Institut wird sich verstärkt der Trennung von Staat und Religion sowie der Entwicklung eines modernen, dem verfassungsrechtlichen Trennungsgebot entsprechenden Weltanschauungsrechts in Deutschland widmen.
Außerdem soll es auch Rat und Hilfe in einschlägigen rechtlichen Auseinandersetzungen bieten. Dafür stehen dem Institut eine Reihe von juristischen Beratern und Experten zur Verfügung. Flankiert wird das ifw durch einen Beirat, in dem auch ich selbst beteiligt bin. Das ifw ist online unter diesem Link erreichbar.
Besonders interessant sind auch neue Artikel des ifw im Zusammenhang mit der Kirchensteuer. Das ifw-Direktoriums-mitglied Dr. Jaqueline Neumann hat einen Kommentar zur Anpassung des staatlichen Kirchensteuerrechts an die Rechtswirklichkeit veröffentlicht. Eine kurzeDarstellung dazu findet man im Internet auf der gbs-Website . Darin enthalten ist auch der ebenso bizarre wie empörende Fall einer ehemaligen DDR-Bürgerin, die nach knapp 60 Jahren ohne irgendeinen Bezug zur Kirche nun von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg mit Hilfe staatlicher Stellen zur Zahlung von Kirchensteuer verdonnert wird. Das ifw appelliert an die Landesgesetzgeber für Kirchensteuer- und Kirchenaustrittsgesetze, die unhaltbaren Zustände zu verändern. Es werden dafür 4 Optionen vorgeschlagen, die politisch von Landtagsabgeordneten aufgegriffen werden könnten. Die Empfänger unseres online-Newsletters können dies hier über den Link direkt nachlesen.
Auch unser „MDR-Krimi“ – oder war es eine Satire – hat eine neue und vorläufig letzte Folge bekommen. Man erinnert sich noch: Im Juni hatte die MDR-Kirchenredaktion im Rahmen der Luther-Themenwoche „Woran glaubst Du?“ einen online-Beitrag veröffentlicht, in dem die diffamierende These aufgestellt wurde, Nichtkirchenmitglieder seien unsozialere Menschen, wären weniger ehrenamtlich aktiv, neigten wegen ihrer „Gottlosigkeit“ eher zur Arbeitslosigkeit (SGB II-Bezug), zu mehr Teenagerschwangerschaften und zu einer höheren Selbstmordrate. Zur Untermauerung dieser abstrusen Thesen hatte die Kirchenredaktion selbst eine (aus Rundfunkbeiträgen finanzierte) Studie in Auftrag gegeben und anschließend fehlerhaft und unwissenschaftlich interpretiert. Gegen diese Art der Atheisten-Diffamierung hatte ich bei der Intendantin des MDR Programmbeschwerde eingelegt und anschließend auch den Rundfunkrat informiert. In den Newslettern 04 und 05 sowie auf unserer Website wurde darüber ausführlich informiert.
Nun liegt uns die Antwort des Vorsitzenden des MDR-Rundfunkrates, des ehemaligen CDU-Landtagsfraktionsvorsitzenden Steffen Flath, auf meine Programmbeschwerde vor. Um es gleich vorweg zu nehmen: Die Antwort ist in meinen Augen zumindest ein Teilerfolg, bedenkt man, wie kirchenlastig die MDR-Gremien, die über die Programmbeschwerde zu befinden hatten, besetzt sind. Wie erwartet, hat der zuständige Telemedien-Ausschuss meiner Programmbeschwerde nicht stattgegeben. Meine Beschwerde wird abgewiesen, einen Verstoß gegen die Programmgrundsätze des MDR-Staatsvertrages sieht der Ausschuss (wegen der in meinen Augen skandalösen Berichterstattung) nicht.
Bemerkenswert ist aber, dass dieses „Urteil“ vom Ausschuss nur mehrheitlich getroffen worden ist. Es hat also Mitglieder des Telemedien-Ausschusses gegeben, die sehr wohl in dem diffamierenden MDR-Beitrag eine Verletzung der Programmgrundsätze sahen. Das halte ich für bemerkenswert und für einen Teilerfolg. Das ist auch ein Hoffnungszeichen dafür, dass im Rundfunkrat und in den Redaktionsstuben des Senders in der Zukunft vielleicht etwas Sensibilität dafür entsteht, dass sich die Konfessionsfreien nicht mehr alles einfach stumm gefallen lassen und der Kirchenfunk im Öffentlich-rechtlichen nicht mehr jeden Blödsinn verzapfen kann, den er für seine Mission als zweckmäßig erachtet.
Dass die Hausleitung des MDR im Telemedien-Ausschuss auch kritische Töne vernehmen musste, ist im Schreiben des Rundfunkrates deutlich vernehmbar. Man habe meine Kritikpunkte in Anwesenheit des Referenten der Hauptredaktion Information und des Juristischen Direktors sowie der Leiterin der Redaktion Telemedien und des sachbearbeitenden Referenten der Juristischen Direktion geprüft und erörtert. Dabei sei von den Ausschussmitgliedern sowohl kritisch hinterfragt als auch sorgfältig abgewogen worden. Weiter heißt es im Schreiben, der Ausschuss erkennt „sehr wohl, dass das Bestreben, die Aufmerksamkeit des Nutzers auf die Themenwoche zu lenken, teilweise zu Einbußen in der journalistischen Qualität geführt hat. Die Mitglieder haben das der Redaktion durch den Referenten der Hauptredaktion Information auch so übermitteln lassen.“ Natürlich ist die Bagatellisierung der Diffamierungen durch den MDR als journalistische Qualitätseinbußen lächerlich und unakzeptabel. Man darf aber gespannt sein, ob dieser Vorgang damit abgeschlossen ist, oder ob einzelne Mitglieder des Rundfunkrates ihn noch einmal im Rat selbst zur Sprache bringen werden. Letztendlich bleibt für mich nicht nur der besagte Kirchen-Beitrag beanstandungswürdig. Es haben sich auch eklatante Mängel im Beschwerdemanagement des MDR gezeigt, denn Ignoranz gegenüber berechtigter Kritik scheint dort zunächst ein Grundreflex zu sein. Das Antwortschreiben des Rundfunkrates kann unter diesem Link nachgelesen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Rolf Schwanitz