Forderung 2012 zum kirchlichen Arbeitsrecht

Arbeitnehmerrechte bei den Kirchen und religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz 

 

(diese Position wurde als Antrag Nr. 2 auf dem Bundestreffen 2012 beschlossen) 

 

Erklärung des Bundestreffens:

 

Für ca. 1.3 Millionen Beschäftigte in den kirchlichen Einrichtungen (überwiegend Diakonie und Caritas) gilt ein besonderes Arbeitsrecht („Dritter Weg“) mit der Folge, dass Grundrechte wie das Streikrecht sowie Arbeitnehmermitbestimmungsrechte stark eingeschränkt bzw. gar nicht vorhanden sind (z.B. Betriebsräte). Auch sind die Kirchen von den Vorschriften des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes weitestgehend befreit.

 Gemeinsam mit den Unterstützern der Kampagne gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz (GerDiA) fordern wir deshalb:

 

1. Die religiöse Diskriminierung in der Arbeitswelt muss ein Ende haben! In allen Sozialeinrichtungen, die aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, müssen die Grundrechte, insbesondere Religions- und Weltanschauungsfreiheit, gewährleistet sein.

 

2. Das Betriebsverfassungsgesetz muss auch für kirchliche

Sozialeinrichtungen gelten. Es ist nicht einzusehen, weshalb für kirchliche Einrichtungen andere Bestimmungen gelten sollten als z.B. für die AWO. Der „besondere Tendenzschutz“ für Religionsgemeinschaften (BetrVG § 118, Abs. 2) muss aufgehoben werden.

 

3. Angestellte kirchlicher Institutionen sollen die gleichen Rechte wie andere Arbeitnehmer haben, also einen Betriebsrat bilden und streiken dürfen.

 

4. Religionsgesellschaften als Arbeitgeber im sozialen oder medizinischen Bereich dürfen nicht in die private Lebensführung ihrer Angestellten eingreifen. 

 

Die SPD hatte bereits 1989 in ihrem Berliner Grundsatzprogramm auf diesen unhaltbaren Zustand hingewiesen und beschlossen: „ Wer sich zu einer Religion bekennt, darf nicht benachteiligt werden. Allgemein geltende Arbeitsrechte müssen auch in Einrichtungen der Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gewährleistet sein“. Dieser Passus wurde auf dem Hamburger Parteitag 2007 ohne Aussprache unverständlicherweise gestrichen. Wir fordern, diesen Passus auf dem nächsten Parteitag wieder in das Grundsatzprogramm aufzunehmen.

 

Wir SPD-LaizistInnen sind im Einvernehmen mit der AfA und den Gewerkschaften der Auffassung, dass strukturelle Benachteiligungen aus religiösen (und weltanschaulichen) Gründen in einem demokratischen Rechtsstaat nicht hinnehmbar sind. Wir fordern daher eine Neuordnung und Stärkung der Rechte der Arbeitnehmer in den kirchlichen Einrichtungen mit dem Ziel, kirchliche Privilegien abzuschaffen. Arbeitnehmerrechte sind nicht teilbar.