Im Vergleich mit dem Süden der Republik mit 13 (z.T. 14) gesetzlichen Feiertagen, halten es die nördlichen Bundesländer mit 9 freien Tagen eher bescheiden. Das soll sich ändern, denn die Nord-Bundesländer wollen einen weiteren gesetzlichen Feiertag beschließen. Von interessierten Kreisen, nicht nur in der SPD, wurde schnell der Reformationstag ins Spiel gebracht. Das Lutherjubiläum (500 Jahre Reformation) und eine nicht von der Hand zu weisende gesamtdeutsche Reformationsgeschichte werden von den Protagonisten angeführt. Jedoch würde dies einen weiteren religiös begründeten Feiertag bedeuten, dessen Reformationsbezug hinsichtlich der historisch umstrittenen Figur Luthers, wie auch des konfessionellen Zuschnitts bedenklich bleibt.
Argumentationen, die sich auf ein historisches Erbe bezüglich der religiösen Begründung von Feiertagen berufen, vergessen oft, dass gesamtgesellschaftliche Interessen im Vordergrund stehen sollten. Diese Gesamtgesellschaft lässt sich nicht mehr auf eine traditionelle Religion zurückführen, zumal auch zwischen christlichen Religionsgemeinschaften verschiedene Schwerpunktsetzungen in Sachen Feiertagen bestehen. Oftmals sind die landeseigenen Feiertagsgesetze politisch-theologische Eigeninterpretationen, die von imaginierten christlichen Bevölkerungsgruppen ausgehen, ohne dezidiert katholische, protestantische, baptistische, mennonitische oder andere Gruppen gezielt zu kennzeichnen. Das ist einerseits vernünftig, denn es sollen so viele Menschen wie möglich angesprochen werden, aber andererseits wird sich auf ein diffuses „Christentum“ berufen, das unbestimmt verbleibt. Ist das der Sinn von allgemeinen, gesetzlichen Feiertagen?
Wer statistische Gründe ausführt, da nominell immer noch über 60% der Bevölkerung Kirchen- sowie Religionsgemeinschaften angehören, hat die über 30% Konfessionsfreie/Säkulare mit zu berücksichtigen, die sich keiner Kirche oder Religionsgemeinschaft mehr zugehörig fühlen. Was diese oftmals formalen Mitgliedschaften oder Austritte über mögliche Gestaltungen von Feiertagen aussagen, bleibt im Dunkeln, denn wie religiös oder areligiös entsprechend begründete allgemeine Feiertage begangen werden, müsste erst noch untersucht werden.
Die aus Sicht der Säkularen Sozis unterstützenswerte Petition „ein Feiertag für alle“ in Niedersachsen setzt dort an, wo gesamtgesellschaftlich begründete Feiertage möglichst alle Bürgerinnen wie Bürger ansprechen sollen. Sie wendet sich gegen die vorschnelle Einführung eines religiösen Feiertages, wie dem Reformationstag, denn dieser würde sich nur an einen Teil der niedersächsischen Bevölkerung richten, auch wenn alle natürlich frei bekämen.
Ein neuer gesetzlicher Feiertag sollte nach Auffassung des Humanistischen Verbandes Niedersachsen, Körperschaft des öffentlichen Rechts, ein Feiertag sein, an dem alle feiern können. Von den 7.78 Millionen Niedersachsen sind laut Angabe des statistischen Landesamtes 2,2 Millionen Bürgerinnen und Bürger (31,1%) nicht Mitglied der Evangelischen oder Katholischen Kirche. Ein weiterer gesetzlicher christlicher Feiertag spiegelt nicht die gesellschaftliche Vielfalt aller Niedersachsen wider und entspricht nicht der im Grundgesetz verankerten Trennung von Staat und Kirche.
Statt einem weiteren religiösen Feiertag plädieren die Initianden für den 10. Dezember als internationalen Tag der Menschenrechte. Sie begründen dies mit größtmöglicher Ansprechbarkeit wie Akzeptanz in der Bevölkerung, auch über religiöse wie weltanschauliche Grenzen hinweg.
Auf dem Hamburger Landesparteitag der SPD gab es zwei Anträge zur Einführung eines weiteren Feiertages, einmal zum Reformationstag sowie dem Weltfrauentag. Beide wollte die Antragskommission nicht zur Abstimmung zulassen, formulierte einen eigenen und zählte weitere Feiertags-Anlässe auf. Diesem Antrag folgten wiederum nicht die Delegierten. Schließlich wurde ein kurzer Antrag beschlossen: Ein weiterer Feiertag wird angestrebt, aber innerhalb eines Nordländerverbunds und der Bürgerschaftsfraktion wird die Entscheidung überlassen.
Eine große Gruppe in der SPD-Fraktion gibt sich Mühe, den Reformationstag durchzusetzen. Klar ist, dass die SPD-Fraktion die Abstimmung freigeben will, also die übliche einheitliche Fraktionsabstimmung aussetzen wird. Die Säkularen in der Fraktion haben sich noch nicht auf eine säkulare Feiertags-Alternative geeinigt. Während die Linkspartei den 8. Mai (Tag der Befreiung) favorisiert, sind etliche Sozialdemokraten für den Internationalen Frauentag am 8. März und das Säkulare Forum hat der Bürgerschaft den Tag der Menschenrechte am 10. Dezember vorgeschlagen.
Parlamentarische wie demokratische Diskussionen um allgemeine, gesetzliche Feiertage sind wichtig, denn es gilt nicht schnell Tatsachen zu schaffen, die einseitige religionslobbyistische Interessen berücksichtigen. Feiertage in einer vielfältigen Gesellschaft sollten sich nicht mehr auf bestimmte religiöse Traditionen berufen und ihre Gestaltung den Bürgerinnen wie Bürgern möglichst frei überlassen sein. Gerade neue Optionen für Menschenrechte, Frauentage und historische Ereignisse der gesamtdeutschen Geschichte, bieten sich an.