Am 17. Juni traf sich der Gesprächskreis der Säkularen Sozis in BaWü zu seinem Landestreffen in den Räumen der AWO Württemberg in Stuttgart-Feuerbach. Neben einem Vortrag des langjährigen Unterstützers und Ex-MdB Lothar Binding zum Thema Kirchenfinanzen, wurde ein Antrag an den SPD-Landesvorstand zur Anerkennung als Arbeitskreis auf Landesebene beschlossen. Als Sprecherinnen und Sprecher wurden Adrian Gillmann aus Heidelberg, Rita-Haller Haid und Gerd Unger aus Tübingen, Hans-Jürgen Grutzeck aus Königsbach-Stein und Nils Opitz-Leifheit aus Waiblingen gewählt.
Nils Opitz-Leifheit, AWO-Präsidiumsmitglied und einer der Bundes- wie Landessprecher der Säkularen Sozis, begrüßte die Anwesenden im Lotte-Lemke Saal, im Besonderen die Vertreter der Humanisten Baden-Württemberg und des Landesverbands der Giordano-Bruno-Stiftung (GBS). Er stellte den Bezirksverband der AWO Württemberg mit zirka 5500 Beschäftigten und 9000 Mitgliedern kurz vor, der seit den 60er Jahren mit einem Pflegeheim vor Ort aktiv ist und sich seitdem ständig vergrößert hat. Dies im Geiste von Lotte Lemke, der ehemaligen AWO-Geschäftsführerin und Assistentin von Marie Juchacz, erster Reichstagsagbeordnete, Frauenrechtlerin und Gründerin der AWO. Schon 1953 sorgte Lemke für eine Programmatik der „Humanität in politischer Verantwortung“, damit „Menschen verschiedenen Glaubens und verschiedener Weltanschuung zusammenarbeiten“. Getreu diesen Grundsätzen wurde 2019 das AWO-Grundsatzprogramm als nichtreligiös gebundener Verband erneuert, der weder Diskriminierung noch Privilegierung von Religionen und Weltanschauungen zu seinen säkularen Grundwerten zählt.
Nach dieser Einführung ging es mit der Vorstellung der säkularen und humanistischen Organisationen weiter. Sebastian Schöning und Werner Koch vom Landesverband der GBS machten den Anfang. Der im Lobbyregister registrierte Verband koordiniert die Regionalgruppen der GBS und setzt sich für weltanschauliche Neutralität ein. Aktuell sind es vor allem die Themen 1) eines Ethikunterrichts für alle und der Stärkung bekenntnisfreier Schulen im „Ländle“, 2) eine Refom des Feiertagsgesetzes, das trotz einer Novelle 2015 immer noch eines der restriktivsten in der ganzen Bundesrepublik darstellt, was „Stille Tage“ und Tanzverbote betrifft. Oft müssen Veranstaltungen an Karfreitagen unter weltanschaulicher Flagge mit Klagen durchgesetzt werden. 3) Zudem geht es um eine Trennung von Staat und Kirche, die Privilegierung der Großkirchen und Diskriminierung von Weltanschauungsgemeinschaften, vor allem durch mehr säkulare Teilhabe, beendet. Zur Untermauerung ihrer Positionen, hat die GBS ihr Thesenpapier zur Verfügung gestellt.
Holger Thorein von den Humanisten Baden-Württemberg e.V. stellte den weltanschaulichen Landesverband des Humanistischen Verbands Deutschland (HVD) und Körperschaft öffentlichen Rechts (KdöR) vor. Interessant war zu erfahren, dass ein Sozialdemokrat erster Stunde aus BaWü, Albert Dulk, zugleich ein um die Gründung der Freidenkerverbände sich verdient gemachter Aktivist gewesen ist. Die Humanisten bieten Gemeinschaftspflege, weltliche Feste, Sozialarbeit und eine Kindertagesstätte plus Hospizdienst an. Neben Jugendarbeit geht es um eine konfessionsfreie Vertretung und „mehr Weltlichkeit wagen“. Weshalb man sich auch für Ethik/Religionskunde statt konfessionellen Religionsunterricht einsetzt. Außerdem sind Forderungen weltlicher Feiertage, wie der 10. Dezember als Tag der Menschenrechte und der 21. Juni als Welthumanistentag, im Gespräch.
Nach der Präsentation der Vereine, wurde der Antrag an den Landesvorstand beraten und die Expertise der Anwesenden säkularen Vertretenden gleich mit berücksichtigt. Alle waren sich einig, dass mt einem „Arbeitskreis Säkularität und Humanismus“ sich die SPD stärker über säkulare Themen informieren kann, durch Veranstaltungen und Aktionen Akzente für die Konfessionsfreien in der Bevölkerung setzen sowie die Vernetzung zu Vereinen und Verbänden pflegt.
Im Anschluss an die Verabschiedung des Antrages war Lothar Binding mit seinem Vortrag über „Die Kirchen und das liebe Geld – Der Mythos der wohltätigen Kirchen – Wer zahlt wirklich?“ in seinem Element. Neben den Erhebungen der Kirchensteuer – je nach Bundesland 8% oder 9% auf die Einkommenssteuer betragen, die Abschläge bei Kapitalerträgen und Steuerprivilegien der Großkirchen, denn diese zahlen keine Grundsteuern und sparen bei den Verwaltungskosten, da der Staat für diese die Steuern erhebt – ging es auch um alternative Modelle wie Mitgliedsbeiträge und Vereinsstrukturen. Der längst überfällige Verfassungsauftrag der Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen, wurde auch als Aufgabe einer Landes-SPD thematisiert. Binding sparte nicht mit vielen offenen Fragen und durchaus Hinweisen auf den sozialen Wandel in der Bevölkerung, der die Finanzierung von Religionsbeamten wie Bischöfen durch Landeshaushalte grundsätzlich auf den Prüfstand stellt.