Vorbereitete Tischvorlage für den Parteivorstand Mai 2011

Dies ist die von uns vorbereitete, dann jedoch nicht benötigte Tischvorlage für die Antragsberatung des PV am 9. Mai 2011. Wir machen sie hiermit dennoch öffentlich, weil der eine oder andere die Formulierungen ja vielleicht anderweitig benötigen könnte oder einfach nur neugierig ist.

 

Arbeitskreis der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für die Trennung von Staat und Religion in Gründung

Ziele und bisherige Entwicklung unserer Gruppe

Wir wollen, dass die grundgesetzlich garantierte Glaubensneutralität des Staates auch tatsächlich umgesetzt wird. Diese weltanschauliche Neutralität wird vielfach verletzt: Es gibt in vielen Ländern keinen flächendeckenden Ethik-Unterricht, in Gerichtssälen und Klassenzimmern hängen Kruzifixe, kirchlichen Arbeitnehmer/innen werden wichtige Mitbestimmungsrechte verweigert, die Freiheit der Forschung und Lehre wird durch Staatskirchenverträge beschnitten und der Verfassungsauftrag aus Art. 140 wird nicht umgesetzt. Die neue und immer weiter zunehmende weltanschauliche Pluralität der Gesellschaft spiegelt sich in der deutschen Politik allgemein und in der SPD nicht hinreichend wider.

Uns ist wichtig, die große Tradition der SPD als Partei der Aufklärung und des Humanismus zu pflegen, diese Tradition und diese Werte drohen angesichts einer immer enger und distanzloser gewordenen Nähe zu den beiden großen Kirchen völlig zu verschwinden. Deshalb soll neben die Kooperation mit den Religionsgemeinschaften auch eine thematische Befassung mit den politischen Interessen konfessionsfreier und laizistisch gesinnter Menschen treten.

28 Millionen Menschen in Deutschland sind konfessionsfrei, 4 Mio. gelten als muslimisch und je ca. 24 Mio. Menschen sind evangelisch oder katholisch. Täglich tritt ein voller ICE aus den Kirchen aus. Die SPD bietet diesen Menschen keine Heimat an, Konfessionsfreie kommen in der politischen Debatte unserer Partei nicht vor, politische Kritik an Kirchen ist selbst bei großen Skandalen ein Tabu. In den Großstädten mit durchweg über 50% kirchenungebundener Menschen wird die SPD immer schwächer (Ausnahme war Hamburg), während die Grünen, die FDP und die Linken diese Menschen gezielt ansprechen und berücksichtigen. Ca. 150.000 bis 200.000 SPD-Mitglieder sind konfessionsfrei, doch die Partei erscheint in der Öffentlichkeit völlig einseitig als kirchennahe Partei.

Auch religiöse SPD-Mitglieder, die für einen weltanschaulich neutralen Staat sind, sind bei uns willkommen und zahlreich vertreten, denn auch viele Christen, Muslime und Juden wünschen sich eine klare Trennung von Staat und Religion.

Über 900 SPD-Mitglieder haben sich innerhalb kurzer Zeit zu unseren Zielen bekannt und unseren Newsletter abonniert. Darunter sind viele Kreis- und OV-Vorsitzende, Bundes- und Landtagsabgeordnete, sie kommen aus allen Teilen Deutschland und allen Altersschichten. In Bremen, Baden-Württemberg und Berlin gibt es bereits Landesgruppen (Gesprächskreise), in Sachsen, Bayern und NRW befinden sie sich in Gründung. Wir führen Diskussionsabende zu unseren Zielen und zum Thema „Staat und Kirche“ sowie „Laizismus“ durch und diskutieren offen auch mit den Kirchen und Christen in der SPD, wie z.B. in Bremen, mit der Evang. Landeskirche Württemberg oder auf dem Evang. Kirchentag in Dresden.

Vor dreieinhalb Jahren bildeten wir uns als Gruppe innerhalb des damals neuen „meineSPD.net“. Auf einem Bundestreffen in Berlin haben wir uns 2010 erste Grundsätze und Ziele gegeben und einen siebenköpfigen Sprecher/innenkreis gewählt. Auf einer eigenen Webseite informieren wir über unsere Positionen und Aktivitäten (www.laizistische-sozis.de). Eine fast 750 Mitglieder starke Facebook-Gruppe diskutiert unsere Themen.

Wir wünschen uns im Sinne der Zukunftsfähigkeit unserer Partei und in Achtung vor ihren Wurzeln die Anerkennung als regulärer Arbeitskreis neben denen der Christen, Juden und der Schwusos. Hierzu stehen wir in der von Andrea Nahles angebotenen „Dialogphase“ für alle Fragen und Diskussionen zur Verfügung.